Zweite Verkehrsbrücke über die Lahn in sechs Monaten errichtet

Lahnstein hat Geschichte, Folge 739

Zweite Verkehrsbrücke über die Lahn in sechs Monaten errichtet

Im Zeitraum von nur sechs Monaten hatte die Baufirma Franz Schlüter A.G. aus Dortmund die alte zweibogige mit Bohlen belegte Stahlbrücke abgebrochen und die neue Sichel-Bogenbrücke erbaut. Während der Bauzeit wurde der Straßenverkehr über die Lahn für Fußgänger durch einen Steg und für den Fuhrwerksverkehr durch eine große Ponte aufrechterhalten. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger ruhte die neue Brücke nicht auf einem im Fluss stehenden Mittelpfeiler.

Mit 79 Meter Gesamtspannweite war sie zur damaligen Zeit die größte Eisenbetonbrücke mit einem einzigen Bogen, welche bis dato in Deutschland konstruiert worden war. Die Fahrbahn hing an zwanzig Hängesäulen. Die Bögen hatten eine größte Höhe von 8,90 Meter. Die Gesamtlänge der Brücke betrug 88,25 Meter bei einer Breite von elf Metern, davon 5,90 Meter Fahrbahnbreite. Auf den Versteifungsbalken wurden die Wappen der beiden Städte Ober- und Niederlahnstein angebracht.

Auf Niederlahnsteiner Seite wurde die Zufahrtsrampe neu gepflastert, auf Oberlahnsteiner Seite die Brückenstraße neu hergestellt. Am Bau der Brücke waren auch Lahnsteiner Firmen beteiligt. Das Eisengeländer errichtete die Firma Gebrüder Casper, das Brückenhäuschen mit WC die Firma Gebrüder Leikert und die Treppe auf der Niederlahnsteiner Seite die Firma Peter Lenz.

Zur Einweihung am 29. Januar 1927 wehte die schwarz-rot-goldene Fahne von der Brückenmitte. Sie begann mit dem kirchlichen Weiheakt durch die Pfarrer beider Konfessionen auf der Brückenmitte. Sodann eröffnete ein Trompeterkorps die Feier mit Beethovens „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“. Die Bürgermeister Dr. Walter Weber, Oberlahnstein, und Wilhelm Rustenbeck, Niederlahnstein, hielten ihre Eröffnungsansprachen und zerrissen das Brückenband auch als Symbol „dass nun alle Unebenheiten zwischen den beiden Lahnstein abgetragen werden.“ Weitergefeiert wurde im Hotel Weiland, wo die Festgäste nach dem Graf-ZeppelinMarsch unter Voranschreiten der Fahnendeputationen der beiden Städte hingeführt wurden. Auch hier wurden weitere Reden geschwungen und auf das Wohl beider Lahnsteine getrunken, nicht ohne Gedanken an eine drohende Eingemeindung nach Koblenz zu verlieren.

Um der dauernden Bürde der Brückenunterhaltung zu entkommen, unternahmen die Städte Nieder- und Oberlahnstein vor dem Bau den Versuch, die Verantwortung für den Brückenbau dem Wasserbauamt Diez anzutragen. Grundlage hierfür bildete ein Gesetz, das die Verantwortung für Brücken und Wasserwege grundsätzlich in Landesverantwortung gab. Gleichzeitig wurde auf die gestiegene überregionale Bedeutung der Brücke hingewiesen. Aber Preußen lehnte ab, weil ältere Vereinbarungen von dem neuen Gesetz nicht betroffen wären. Damit oblag die Finanzierung des Brückenneubaus allein den Städten Nieder- und Oberlahnstein. Die Folgen der Inflation ließen die Umsetzung der bereits 1922 entwickelten Pläne erst 1926 verwirklichen. Beide Städte deklarierten die Arbeiten als Notstandsarbeiten und erhielten für die kompletten Baukosten ein Darlehen in Höhe von 228.000 RM aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge. 110 Mann wurden eingestellt und unterstützten die Mitarbeiter der Dortmunder Firma. Insgesamt kostete die Brücke für die beiden Städte inklusiver Zinsen und Anpassungen an das Straßennetz rund 325.000 RM.

Die neue Brücke war durch den gestiegenen Verkehr unumgänglich, denn sie sollte nicht nur für den gestiegenen KFZ-Bestand als auch für die Straßenbahn tragbar sein. Daher wurden in die Fahrbahn bereits die Schienen gelegt, obwohl die KEVAG noch keine Genehmigung zur Fortführung ihrer Strecke nach Oberlahnstein vorliegen hatte (erst 1933).

Noch während des Brückenbaus verbot ein neues Gesetz die Erhebung von Brückengeld auf Kraftfahrzeuge. Dafür wurde reichsweit die Kraftfahrzeugsteuer reformiert, woraus beide Städte Zuschüsse erhielten. Zunächst wurde das Brückengeld weiter für Personen und den Fuhrwerksverkehr erhoben, doch durch die verhältnismäßig geringeren Einnahmen fand sich kein Pächter mehr für die Brückengelderhebung und beide Städte beschlossen die Freigabe vom Brückenzoll. Aufgrund des zinsgünstigen staatlichen Darlehens deckten die Einnahmen aus den Brückengeldausgleichszahlungen zumindest die laufenden Kosten der Brücke ab. Die Unterhaltspflicht der beiden Städte Nieder- und Oberlahnstein endete 1934, als die Brücke Teil der neuen Reichsstraße 42 wurde. Sodann oblag der Unterhalt dem Reich. Gleichzeitig endete auch die Bezuschussung der beiden Städte durch das Land.

Beide Städte wurden im Zeiten Weltkrieg aufgrund der bedeutenden kriegsstrategischen Lage von schweren Bombenangriffen getroffen, doch die Straßenbrücke blieb verschont. Kurz vor Kriegsende, Mitte März 1945, wurde sie jedoch von der abrückenden deutschen Wehrmacht gesprengt, um den vorrückenden Alliierten die Übersetzung mit Panzern unmöglich zu machen. Ging man in den Eröffnungsreden 1927 noch davon aus, die Brücke sei „für die Ewigkeit geschaffen“, waren ihr kriegsbedingt nur 18 Jahre beschieden.

Foto: Sammlung Stadtarchiv Lahnstein

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