Weinautomaten und Jugendschutz - wie passt das zusammen?

Einblick in die rheinland-pfälzische Weinkultur

Weinautomaten und Jugendschutz - wie passt das zusammen?

Ernst (dpa) - Rund 14 000 Euro hat der Winzer Peter Klaus im Moseldorf Ernst in seinen Weinautomaten investiert. «Perfekt bei uns an einer Kreuzung mit viel Publikumsverkehr. Dafür brauche ich kein Personal, die Leute können probieren und es ist Werbung», sagt Klaus. Doch er hat sich zu früh gefreut: Die Kreisverwaltung Cochem-Zell teilt nach seinem Bauantrag für den Automaten mit, er werde dafür keine Genehmigung bekommen: Laut dem zuständigen Ordnungsamt «widerspricht Ihr Vorhaben den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes».

Der Weinbauer fällt aus allen Wolken: «Weinautomaten stehen doch zu Hunderten in Deutschland und bei uns im Landkreis sind es bestimmt 25 - wären die dann alle illegal?» Sein Weinautomat mit einer Vorrichtung zur Ausweis- und damit Alterskontrolle sei vorerst in seinem Keller gelandet. «Wir warten erst mal ab, was in der Begründung von der Ablehnung von der Kreisverwaltung stehen wird», sagt Klaus. Zuvor hat die Zeitung «Wochenspiegel» darüber berichtet.

Das Familienministerium Rheinland-Pfalz teilt unter Berufung auf das bundesweite Jugendschutzgesetz mit, dass es bei Weinautomaten wie bei Zigarettenautomaten nicht nur «technische Vorrichtungen» wie die Kontrolle des Personalausweises geben müsse. «Bei Weinautomaten ist die Reglementierung sogar noch stärker, weil sie in einem "gewerblich genutzten Raum" aufgestellt werden müssen», erklärt das Mainzer Ministerium. Und auch hier muss laut Jugendschutzgesetz entweder technisch oder mit ständiger Aufsicht sichergestellt sein, dass sich Kinder und Jugendliche nicht Alkohol schnappen können. Alternativ kann die Verkaufsstation an einem für diese unzugänglichen Ort stehen.

Weiter erläutert das Familienministerium: «Die Umsetzung des Jugendschutzgesetzes liegt in der Zuständigkeit der Kommunen.» Laut der Kreisverwaltung Cochem-Zell ist bei Weinautomaten je nach Standort eine Baugenehmigung nötig. Im Laufe der Zeit sei im Landkreis zwar «für fünf Warenautomaten zur Abgabe alkoholischer Getränke» eine Baugenehmigung erteilt worden. Danach habe jedoch ein Gerichtsbeschluss eine «Rechtsunsicherheit» bei der Formulierung «gewerblich genutzter Raum» im Jugendschutzgesetz beseitigt. Bei künftigen Genehmigungsanträgen für Weinautomaten werde diese Entscheidung «entsprechend angewandt».

Gemeint ist ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg in Niedersachsen vom Juni 2022 (7 B 983/22). Dieser lehnt einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz für einen Automaten mit Alkohol an einer Außenmauer ab. Demnach kann ein solcher Automat nur in einem «Innenraum in einem Gebäude» ausreichend im Sinne des Jugendschutzgesetzes für unter 16-Jährige kontrolliert werden. Im Freien gebe es dagegen ein «Überwachungsdefizit».

Winzer Klaus sagt, er verstehe natürlich, dass Jugendschutz nötig sei. «Aber ich bin schon für gleiche Wettbewerbsmöglichkeiten.» Was also passiert mit schon aufgestellten Weinautomaten? Die Kreisverwaltung teilt in amtlicher Sprache mit: «Hinsichtlich der bereits genehmigten Weinautomaten wird die Untere Bauaufsichtsbehörde die Frage des Bestandschutzes im Einzelfall im Rahmen eines bauaufsichtlichen Verfahrens unter Einbeziehung der Ordnungsbehörden bewerten.»

Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Oldenburg erläutert, dessen Beschluss beziehe sich nur auf den Einzelfall. In Rheinland-Pfalz etwa sei sein Gericht nicht zuständig. Natürlich könne es aber sein, dass anderswo «die Verwaltungspraxis angepasst wird».

Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim bei Mainz sagt: «Mich wundert, dass das erst jetzt zur Sprache kommt. Diese Automaten gibt es ja nicht erst seit gestern.» In Baden-Württemberg kenne er sogar sogenannte Schnapsbrunnen für Wanderer, die sich hier für etwas Geld Hochprozentiges gönnen könnten. Auch Büscher betont, der Jugendschutz müsse gewahrt sein. Zugleich verweist er auf die Vorteile von Weinautomaten im Freien: «Sie sind ein tolles Instrument für Winzer, um neue Kunden auf ihren Wein aufmerksam zu machen.»

Vor allem Corona hat wohl ihrer Verbreitung einen Schub gegeben. Laut einer Umfrage des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück unter bundesweit 90 Weingütern mit Automaten (2022) haben nur um die sieben Prozent diese schon vor Pandemie mit Lockdowns aufgestellt. Das berichtet die Fachzeitschrift «Wein + Markt» (1/2023). Demnach schätzt eine DLR-Expertin, dass es im Frühsommer 2022 bundesweit bereits mehr als 150 Weingüter mit Erfahrungen mit Weinautomaten gegeben haben dürfte.

Foto: Thomas Frey/dpa

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Datum: 16.02.2023
Rubrik: Kultur
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