Schulungszentrum der Bundeswehr: Krieg macht Innere Führung wichtiger

Das nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Konzept der Inneren Führung sei in seiner Art weltweit einmalig.

Schulungszentrum der Bundeswehr: Krieg macht Innere Führung wichtiger

Koblenz (dpa) - Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das Konzept der Inneren Führung der Bundeswehr noch wichtiger geworden. Dieses Leitbild des verantwortungsvoll handelnden und in der Gesellschaft verankerten Staatsbürgers in Uniform sei Grundvoraussetzung für die Landes- und Bündnisverteidigung, sagte der Kommandeur des Koblenzer Zentrums Innere Führung, Generalmajor Markus Kurczyk, der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sprechen immer über Waffensysteme für die Ukraine und ihre Nachbeschaffung für die Bundeswehr, aber zu selten über die Soldaten. Was ist zum Beispiel ein Kampfpanzer ohne kampfwilligen Kommandanten?»

Wie wichtig die innere Haltung von Soldaten aller Dienstgrade sei, zeige sich bei der ukrainischen Armee, ergänzte der Kommandeur ein Jahr nach Ausbruch des Krieges. «Wir waren überrascht, mit welcher Motivation und Heimatliebe die ukrainische Armee kämpft. Da können Sie noch so viel militärisches Material und Geld haben - ohne eine solche Überzeugung könnte sich die Ukraine nicht verteidigen.»

Das Zentrum Innere Führung bildet unter anderem Kommandeurinnen und Kommandeure, Einheitsführerinnen und Einheitsführer sowie «Spieße» in Lehrgängen zur Führungskultur der Streitkräfte und zu den ethischen Grundlagen des Soldatenberufes aus und weiter. Die zentrale Frage ist nach eigenen Angaben: «Was heißt es heute, treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen?» Das nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Konzept der Inneren Führung sei in seiner Art weltweit einmalig.

Generalmajor Kurczyk sagte, nach dem Mauerfall 1989 und der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 sei die Bundeswehr bis zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden gewesen. Der 58-jährige Kommandeur ergänzte: «Jetzt aber haben wir eine Diskussion über Streitkräfte und Waffensysteme, die mich an die Debatte über die Wiederbewaffnung in den fünfziger Jahren erinnert. Heute sind Leistungsparameter von Kampf- und Schützenpanzern Gegenstand von Talkrunden im Fernsehen.»

Die Gesellschaft erkenne vor allem die «Notwendigkeit der Landes- und Bündnisverteidigung und dass gegen Gewalt manchmal nur Gewalt helfe». Mit Blick auf die neue Diskussion über die Rückkehr zur Wehrpflicht oder die Einführung eines Pflichtjahres sagte Kurczyk, die Frage sei generell, wie sich die Bundesbürger im Kriegsfall in eine Verteidigungsgemeinschaft einreihen würden.

«Wir haben in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten sehr nachhaltig Individualisierung und Vielfalt als Ziel ausgegeben», erklärte der Generalmajor. Er frage sich, ob im Verteidigungsfall nicht zahlreiche Deutsche eine Flucht «nach Mallorca oder Teneriffa erwägen würden». Er ergänzte, «dass die grundsätzliche Frage nach einer Dienstpflicht in Deutschland deutlich macht, dass der Angriff Russlands auf die Ukraine auch nachhaltige Effekte auf unsere eigene gesamtgesellschaftliche Verteidigungsbereitschaft hat».

Kurczyk erinnerte daran, dass hierzulande «im ausgerufenen Spannungs- und Verteidigungsfall» alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren Deutschland verteidigen müssten. «Falls sie den Dienst mit der Waffe verweigerten, können sie zu ziviler Arbeit etwa im Katastrophenschutz oder Gesundheitswesen verpflichtet werden.»

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Datum: 27.02.2023
Rubrik: Soziales
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