Goldenes Buch der Stadt Koblenz wird 75

Ein beredeter Zeuge der Koblenzer Stadtgeschichte

Goldenes Buch der Stadt Koblenz wird 75

Staatsoberhäupter, Royals und Künstler sind hierin genauso zu finden, wie heimische Sportler oder Altstadtoriginale: Die Rede ist vom Goldenen Buch der Stadt Koblenz, dass dieser Tage 75 Jahre alt wird.

Es ist schon ein imposanter Anblick, der von Handwerkskunst zeugt, wenn man die Samtkassette öffnet, in der das besondere Gästebuch der Rhein-Mosel-Stadt im Historischen Rathaus am Willi-Hörter-Platz aufbewahrt wird. In weißem Schweinsleder gebunden, ziert das goldene Buch das Wappen von Koblenz – mit rotem Balkenkreuz und Krone. Außerdem sind unter anderem vergoldete, viereckige Verzierungen auf dem Einband zu finden, der echte Koblenzer Handarbeit ist: Die 1850 gegründete Buchbinderei Th. Retzlaff, die lange Jahre am Florinsmarkt/Ecke Mehlgasse zu finden war und heute nicht mehr existiert, bekam nach dem Zweiten Weltkrieg den Auftrag der Stadt, ein neues Gästebuch zu schaffen.

Erstmals zum Einsatz kam das noch heute verwendete Goldene Buch bei einem historischen Anlass, der für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von großer Bedeutung ist: Der Rittersturzkonferenz. Vom 8. bis 10. Juli 1948 berieten die Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder sowie die kommissarische Oberbürgermeisterin von Berlin im Berghotel „Rittersturz“, das 1974 abgerissen wurde, unter anderem über die Konstituierung eines westdeutschen Parlamentes, über die Grenzen der Bundesländer und das Besatzungsstatut der Alliierten.  Die bei der Konferenz im Tagungshotel gefassten „Koblenzer Beschlüsse“ ebneten letztlich den Weg hin zum heutigen Grundgesetz.

Dieser besonderen Bedeutung des Treffens war sich auch der frühere Koblenzer Oberbürgermeister Josef Schnorbach bewusst, wie aus einem Zeitungsartikel von damals hervorgeht. „Eine sinnvolle Unterstreichung der Bedeutung der Ministerpräsidentenkonferenz in Koblenz gab Oberbürgermeister Jos. Schnorbach, indem er die Teilnehmer der Konferenz bat, sich in das neue Goldene Buch der Stadt Koblenz einzutragen“, heißt es in dem Bericht. Die erste offizielle Unterschrift im neuen Gästebuch der Stadt war schließlich einer Frau vorbehalten: Luise Schröder, von 1947 bis 1948 kommissarische Oberbürgermeisterin von Berlin, machte den Anfang mit ihrer Signatur, der sich alle Ministerpräsidenten und weitrere Delegationsteilnehmer anschlossen. Dem ersten Eintrag von 1948 sollten bis heute 76 weitere folgen.

Und die Schar der Unterzeichnenden ist illuster: Der ehemalige US-Präsident George Bush findet sich genauso in dem Werk wie der in Koblenz geborene französische Ex-Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing oder aber diverse Bundespräsidenten und –kanzler wie Richard von Weizsäcker, Johannes Rau, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl sowie weitere internationale und nationale Politiker. Aber auch Künstler, unter anderem André Rieu und Jose Carreras, Sportler, zum Beispiel Steve Ovett anlässlich seines Weltrekordlaufs über 1500 Meter im Stadion Oberwerth in Jahr 1980 und Koblenzer Persönlichkeiten wie Katharina Schaaf, Thomas Anders, Rudi Gutendorf, Peter Joppich oder Manfred Gniffke finden sich dort genauso mit ihrer Unterschrift verewigt wie das Belgische Königspaar Königin Mathilde und König Phillippe. Der jüngste Eintrag im Goldenen Buch der Stadt Koblenz stammt von 1. Mai 2023, als sich Bundeskanzler Olaf Scholz anlässlich seines Besuchs am Tag der Arbeit im Gästebuch der Rhein-Mosel-Stadt verewigte.

Wann sich Personen im Goldenen Buch in Koblenz eintragen dürfen, ist übrigens nicht fest geregelt oder in einer entsprechenden Satzung festgehalten. Die endgültige Entscheidung hierüber haben bisher in der Regel die jeweiligen Oberbürgermeister getroffen.

Das nicht mehr als die bisher insgesamt 77 Einträge im Goldenen Buch der Stadt Koblenz zu finden sind, ist dem Zweiten Weltkrieg geschuldet. Im April bzw. Mai 1934 hatte die Stadt zunächst ein „Ehrenbuch“, wie es damals hieß, bei einem Koblenzer Buchbinder in Auftrag gegeben. Da es hier allerdings zu Schwierigkeiten und Verzögerungen kam, wurden Angebote in Wiesbaden (Gebr. Petmecky) und Leipzig (Firma Enders) eingeholt. Am 26. Juni 1934 erhielt die hessische Firma dann einen entsprechenden Auftrag. Bezüglich der Heftung des Papiers wurde die Vorgabe gemacht, nach dem Titelblatt eine leere Seite, die später mit der Unterschrift Adolf Hitlers versehen werden sollte, einzufügen und danach erst die bereits signierten Seiten folgen zu lassen. Das ursprüngliche „Ehrenbuch“, wie es damals hieß und zunächst bei einer Koblenzer Buchbinderei in Auftrag gegeben worden war, sollte nämlich aus Anlass der Einweihung der „Adolf-Hitler-Brücke“, der heutigen Europabrücke, am 22. April 1934 im Nachgang gebunden werden. Letztlich war Hitler bei der Einweihung seinerzeit allerdings nicht vor Ort.

Das letztlich von den Gebrüdern Petmecky aus Wiesbaden gebundene erste Goldene Buch der Stadt Koblenz wurde rechtzeitig zur Saarkundgebung auf dem Ehrenbreitstein am 25./26. August 1934, bei der Hitler am 26. August eine Rede hielt, fertig. Während des zweiten Weltkriegs wurde das Goldene Buch dann mit anderen Dokumenten der Stadtverwaltung auf die Festung Ehrenbreitstein ausgelagert und ist dort durch Kriegseinwirkung verlorengegangen und nicht wiederaufgetaucht. Man geht davon aus, dass das Ehrenbuch, dessen Nachfolger in diesem Jahr 75 Jahre alt wird, bei einem Bombenangriff zerstört wurde.

 

Das Vorwort des Goldenen Buches der Stadt Koblenz

Im Goldenen Buch der Stadt Koblenz findet sich noch vor dem ersten Eintrag ein Vorwort des damaligen Oberbürgermeisters Josef Schnorbach, das auf den 8. Juli 1948, den Beginn der Rittersturz-Konferenz in Koblenz, datiert ist. Das Vorwort im Wortlaut: „Dem Dämon der Macht fielen die deutschen Städte zum Opfer. Manches stolze Zeugnis stadtgeschichtlicher Tradition und Kultur liegt unter den Trümmern unserer bald zweitausendjährigen Stadt begraben. Auch das Gästebuch der Stadt Koblenz fiel der Vernichtung anheim. Nur schemenhaft steigen nach der Katastrophe die Umrisse einer lichteren Zukunft empor. Und doch: Nach den Wolken die Sonne! Ein neues Beginnen, in harter Arbeit zwar, aber in Gottvertrauen und guter Hoffnung auf ein besseres Geschick unseres einst so schönen Koblenz und damit auch unseres lieben deutschen Vaterlandes. So soll das neue Goldene Buch der Stadt Koblenz am Tage der Zusammenkunft der Ministerpräsidenten erstmalig wieder seine historische Zeugenpflicht übernehmen. Mögen die Träger der Namen, die künftig auf diesen Blättern stehen, der Stadt an Rhein und Mosel – Confluentes – eine warmherzige Erinnerung bewahren.“

 

Pressemitteilung der Stadt Koblenz

Foto: Stadt Koblenz / Andreas Egenolf

 

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Datum: 11.07.2023
Rubrik: Stadt
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