Synagogenbau und Schutzsuche: Jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz

Zwischen Sicherheit und Sichtbarkeit

Synagogenbau und Schutzsuche: Jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz

Koblenz/Mainz (dpa/lrs) - Ein Ort, der offen für alle ist, an dem Menschen aus der Stadt zusammenkommen. Aber auch ein Ort, der geschützt werden muss, dessen Besucherinnen und Besucher von Antisemitismus und Hetze betroffen sind. Synagogen und ihr Platz in einer Stadt in Deutschland und damit in der Gesellschaft haben nicht erst nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober Symbolkraft. Doch seitdem hat sich das Sicherheitsgefühl der Jüdinnen und Juden - auch in Deutschland - verändert.

«Besonders ältere Menschen, die Shoa und Holocaust noch miterlebt haben, sind zurzeit schwer beunruhigt», sagt der Landesvorsitzende des Verbands der Jüdischen Gemeinden, Avadislav Avadiev, der Deutschen Presse-Agentur. Rund 3000 Jüdinnen und Juden gebe es in den rheinland-pfälzischen Gemeinden. Die Politik habe ihnen versichert, dass Antisemitismus keinen Platz in der Gesellschaft habe. «Wir wollen uns nicht verstecken und wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir gehören hier hin.»

Dieses «Hier» hat in Koblenz in diesen Tagen eine ganz irdische Bedeutung: Auf einem Platz in der Weißer Gasse soll in den kommenden Jahren eine neue Synagoge entstehen. Am Montagabend stellte Architekt Wolfgang Lorch seine Pläne dafür vor. Im kommenden Jahr sollen bereits erste vorbereitende Arbeiten stattfinden, Lorch rechnet mit einer Bauzeit von etwa zwei Jahren. Die neue Synagoge in Koblenz soll Altes und Neues vereinen. So plant Lorch etwa Abgüsse von den Toren eines alten Synagogen-Standorts in der Stadt zu nehmen und in den neuen Bau zu integrieren. Mit einem Gemeindehaus, einem Platz mit Bäumen und einer Synagoge soll der Bau zum Treffpunkt der Jüdinnen und Juden in der Stadt werden.

Der Standort liegt zentral, am Rande der Altstadt. Jüdische Einrichtungen und Synagogen in Rheinland-Pfalz gehören nach Ansicht Avadievs in die Mitte der Städte. «Wir haben uns niemals versteckt, wir waren immer präsent», sagte er. «Ob das Mainz, Koblenz, Trier ist, unsere Gotteshäuser sind immer in der Nähe vom Stadtzentrum.»

Doch wie umgehen mit dem Wunsch nach Sichtbarkeit und Teilhabe - und den Sicherheitsvorkehrungen und Schutzmaßnahmen? Die Anforderungen an die Sicherheit seien gestiegen, sagt Lorch. «Man kann nicht in eine Synagoge rein, wie man in eine Kirche reingehen kann.» Aber es müsse Schnittstellen geben. Wenn die Gemeinden sich «sprichwörtlich einmauern würde», dann wäre das die falsche Botschaft in die Stadt.

«Juden und Jüdinnen in unserem Land haben Angst und sind sehr besorgt nach dem 7. Oktober», sagt die Landesbeauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, Monika Fuhr. «Wir als Landesregierung haben schon vor dem 7. Oktober einen hohen Sicherheitsstandard gewährleistet.» Dieser sei dann noch einmal hochgefahren worden.

Wichtig sei, dass Gemeinden und Polizei gegenseitig in einem guten Austausch seien, sagt Fuhr. Synagogen müssten zugänglich bleiben. «Unsere Intention muss sein, dass wir Begegnung herstellen und mehr voneinander lernen und mehr von jüdischem Leben lernen.»

Eine Synagoge sei ein Lernraum; ein Gotteshaus zum Beten, studieren und zusammenfinden, sagt Avadiev. «Wir machen unsere Gemeinden so offen wie es geht. Wir müssen sie aber so sicher machen, wie es geht.» Gemeinden müssten sicher sein, aber man wolle sich nicht abschirmen. «Ich bestehe als Landesvorsitzender darauf: Die Gemeinden bleiben offen für die Öffentlichkeit. Für alle Menschen, die kommen wollen.»

Das Grundstück in Koblenz wurde laut Lorch vor einem Jahr an die Gemeinde übergeben. Und noch bevor dort in ein paar Jahren eine neue Synagoge stehen wird, soll schon in diesem Winter ein sichtbares Zeichen auf dem Grundstück zu sehen sein. Zu Chanukka soll dort ein Leuchter erstrahlen.

 

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Datum: 21.11.2023
Rubrik: Kultur
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