
Teil der Altschulden ist weg. Die großen Sorgen bleiben jedoch.
Kommunale Haushalte unter Druck
Mainz (dpa/lrs) - Die Haushaltslage in vielen rheinland-pfälzischen Kommunen bleibt trotz eines milliardenschweren Entschuldungsprogramms des Landes angespannt. «Die finanzielle Situation der 24 Landkreise hat sich nach den Planansätzen gegenüber dem Vorjahr sehr deutlich verschlechtert», sagte der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags, Andreas Göbel, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Die Landkreise gingen bei ihrer Planung unter dem Strich von einem Minus von knapp 240 Millionen Euro im Ergebnishaushalt sowie von über 130 Millionen Euro im Finanzhaushalt aus.
Die Kommunen kämpften bei der Aufstellung ihrer Haushalte vor allem mit den gestiegenen Sozial- und Jugendhilfelasten ohne ausreichende Gegenfinanzierung, erklärte Göbel. Sehr starke Finanzierungsposten seien für die rheinland-pfälzischen Landkreise zudem die Kosten des Ausbaus der Kindertagesstätten, die Mehrkosten beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die gestiegenen Personalkosten.
Alle 24 Landkreise hätten ihren Haushalt bereits beschlossen, berichtete der Geschäftsführende Direktor. 22 der 24 Kreishaushalte seien genehmigt. Ohne Haushaltsgenehmigung ständen derzeit nach Kenntnis der Geschäftsstelle die Landkreise Cochem-Zell und Kusel da. Im Landkreis Cochem-Zell seien wegen einer notwendigen Neuausschreibung vor allem die Kosten für die Schülerbeförderung angestiegen.
Vor einem Jahr kämpften in Rheinland-Pfalz 9 der 24 Landkreise mit nicht genehmigten Haushalten. Bis auf den Landkreis Südwestpfalz konnten dann im Herbst alle Landkreise in Rheinland-Pfalz einen genehmigten Haushalt vorweisen. In diesem Landkreis hatte es nach Angaben von Göbel wegen eines extrem schwachen Steueraufkommens aber eine Sondersituation gegeben.
Die Kostenpläne der Landkreise waren im vergangenen Jahr aber «mit Ach und Krach» erstellt worden, hatte der Geschäftsführende Direktor einschränkend erklärt. Sonst hätte es die zähe Zeit mit den Nothaushalten zur Überbrückung nicht gegeben. Durch eine Nothaushaltsführung seien die Handlungsmöglichkeiten einer Kommune jedoch extrem eingeschränkt.
Ähnlich argumentiert der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebunds, Moritz Petry: Die Situation in den kreisangehörigen Gemeinden sei unverändert im Vergleich zum Vorjahr, in dem ein kommunaler Finanzierungssaldo von rund minus 565 Millionen Euro erwirtschaftet wurde. «Und dies trotz teilweise massiver Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer B», sagte Petry der dpa. Die Probleme verschärften sich im laufenden Jahr noch, weil die Finanzausgleichsmasse um rund 133 Millionen Euro zum Vorjahr sinke.
Beschlossene Haushalte für 2024 lägen zahlreich zur Genehmigung bei den Kommunalaufsichten vor, teilte der Geschäftsführer mit. Einige kreisangehörige Gemeinden befänden sich aus unterschiedlichen Gründen in der Nothaushaltsführung.
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD ist für die Genehmigung der Haushalte zuständig. Bis zur Genehmigung der Finanzpläne befinden sich die betroffenen Kommunen dann in der Regel in einer Nothaushaltsführung. Das bedeutet, dass freiwillige und investive Ausgaben wie etwa die notwendige Sanierung von Schulgebäuden neben den Pflichtaufgaben kaum oder nicht mehr möglich sind.
Ein genehmigter Haushalt bedeute aber nicht, dass es keine Haushaltsprobleme oder Haushaltsdefizite gibt, mahnte der Geschäftsführende Direktor des Städtetags, Michael Mätzig. «Faktisch schreiben gerade kreisfreie Städte wieder Defizite.» Diese Haushalte würden von der ADD genehmigt, wenn ein Haushaltskonsolidierungsplan für zehn Jahre mit vorgelegt wurde. «Inwieweit die in diesen Plänen zugrunde gelegten Annahmen über die zukünftige Einnahme- und Ausgabenentwicklung der Realität standhalten, bleibt abzuwarten.»
Probleme hätten grundsätzlich vor allem die Städte mit vielen Aufgaben im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe, erklärte Mätzig der dpa. «Hier sind die Defizite am höchsten.» Davon abgesehen, hätten gerade die kreisfreien Städte in der Pfalz wegen unterschiedlicher struktureller Gegebenheiten mit Haushaltsproblemen zu kämpfen. Für 2025 rechneten derzeit so gut wie alle kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte mit Haushaltsdefiziten.
Mit einem Entschuldungsprogramm nimmt das Land den Kommunen drei Milliarden Euro ab und entlaste sie damit zugleich vom Zinsrisiko. Die Summe entspricht der Hälfte der relevanten Liquiditätsschulden. Mehr als 500 Kommunen im Land profitierten mittel- und langfristigen von der Entlastung. Als erste Kommune in Rheinland-Pfalz bekam die Stadt Trier Anfang Mai offiziell grünes Licht zur Übernahme eines Teils ihrer Schulden durch das Land in Höhe von gut 266 Millionen Euro.
Nach Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände müssen jedoch weitere Schritte des Landes folgen, um die angespannte Finanzsituation von Städten, Kreisen und Gemeinden strukturell zu verbessern. Der kommunale Finanzausgleich sollte aufgestockt werden, damit die Kommunen nicht gezwungen sind, sich erneut zu verschulden, um alleine ihre Pflichtaufgaben finanzieren zu können, hatten die Spitzengremien jüngst gefordert. Es dürfe nicht so weitergehen, dass die Kommunen weiter neue Aufgaben bekommen, ohne dass die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Finanzmittel bereitgestellt werden.
Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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