
Fußball auf der Festung Ehrenbreitstein
Public Viewing zur Fußball-EM - Kollektives Mitfiebern nicht überall
Koblenz/Trier/Landau/Kaiserslautern (dpa/lrs) - Kollektives Mitfiebern beim Fußball - das ist von Freitag an in Rheinland-Pfalz nicht in allen Innenstädten möglich. Nur an manchen Plätzen können sich Fans demnach bei der Europameisterschaft auf Public Viewing freuen. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in ausgewählten Städten ergab, dass wohl vor allem Biergärten und Kneipen frequentiert sein werden, wenn die DFB-Elf unter Trainer Julian Nagelsmann um den Titel kämpft (14. Juni bis 14. Juli).
Vorbild WM 2006
Beim bisher letzten internationalen Fußballgroßturnier in Deutschland, der Weltmeisterschaft 2006, war in vielen Fußgängerzonen ein Fahnenmeer zu sehen. Das «Rudel-Gucken» entwickelte sich langsam während der WM und prägte den Begriff des «Sommermärchens» deutlich mit. Damals war Kaiserslautern einer der Spielorte - bei der EM findet hingegen keine Partie in Rheinland-Pfalz statt. «In Kaiserslautern wird es - wie auch bei allen anderen Turnieren der mindestens letzten zehn Jahre - kein städtisches Public Viewing geben», teilte ein Sprecher der pfälzischen Kommune vor EM-Beginn mit.
Hört man sich um, wird mancherorts der Sicherheitsaspekt erwähnt. Großereignisse müssen besonders geschützt werden, ob Rosenmontagsumzug, Weihnachtsmarkt - oder eben Public Viewing. Von den Landesinnenministern betonte dies vor kurzem zum Beispiel Armin Schuster aus Sachsen. Er sieht die Polizei auch mit Blick auf eine mögliche Terrorgefahr gut auf die EM vorbereitet. «Ich möchte eben keine Alarmstimmung verbreiten», sagte der CDU-Politiker. «Ich möchte eher sagen, wir sind auf solche Szenarien schon länger vorbereitet, auch was die Ausrüstung anbelangt.» Man sei seit Monaten in der Vorbereitung.
An weiteren Punkten ist zu hören: Die deutsche Mannschaft habe mit ihren Leistungen die Massen nicht mehr so mitgerissen, zudem seien solche Großveranstaltungen auch wegen der Übertragungsgebühren für Veranstalter kaum attraktiv.
Biergarten-Betreiber: «Sicherheitsauflagen sind sehr hoch»
Und doch gibt es sie, die Orte zum gemeinsamen Jubeln, Aufstöhnen, Trösten. «In Koblenz werden nach aktuellem Stand an drei Stellen Public Viewing angeboten», teilte ein Stadtsprecher mit und nannte den Königsbacher Biergarten, den Josef-Görres-Platz und die Festung Ehrenbreitstein.
Dirk Zander, Betreiber des Königsbacher Biergartens, hofft für die EM-Zeit auf «besseres Biergarten-Wetter» als bisher. Doch neben dem Wetter sorgen ihn vor allem die gestiegenen Kosten und Vorschriften. «Die Sicherheitsauflagen sind sehr hoch. Um die zu erfüllen, sind wir schon zwei Monaten dran», sagte Zander der Deutschen Presse-Agentur. Das reiche von den Sicherheitskräften, Umzäunungen, Hinweisen zum Ablauf bis zum Sanitätsdienst und der Zahl der Sicherheitskräfte. «Es ist immer schwieriger geworden für uns, das zu erfüllen.»
Bis zu 4500 Menschen könnten in seinem Biergarten die EM schauen. «Sie brauchen für so ein Public Viewing natürlich auch jede Menge Mitarbeiter», sagte er. Zusätzlich zu den gestiegenen Kosten für Personal, Sicherheit und Energie sei das für viele schwierig. Bei einem Spiel der Deutschen benötige er inklusive Sicherheitspersonal etwa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Fußball auf der Festung
Hoch hinaus geht es beim Public Viewing auf der Festung Ehrenbreitstein. Sie wirbt mit Fußball «auf LED-Leinwand mit der Aussicht über Koblenz auf dem oberen Schlosshof am Restaurant Casino». Gezeigt werden alle Spiele mit deutscher Beteiligung, sowie beide Halbfinalspiele und das Endspiel bei freiem Eintritt. Ferner werden ausgewählte Spiele gezeigt, die bereits um 15 Uhr beginnen. Die Veranstaltungen sind teilbestuhlt, das Mitbringen von Speisen und Getränken ist verboten.
In Trier kündigte das Lokal «Flieten Franz» in Zurlauben an, eine Leinwand vier mal drei Meter auf der Wiese nebenan zu installieren. Und man stelle Bänke auf, hieß es. «Ob es Public Viewings gibt oder nicht, ist nicht wirklich Sache der Stadt», erklärte ein Sprecher der Verwaltung. Ein Public Viewing, das die Stadt Trier veranstalte, habe es jedenfalls auch bei vorherigen Ereignissen nicht gegeben. «Es gibt ein genehmigtes Public Viewing eines Gastronoms auf einer privaten Fläche neben seiner Gastronomie am Zurlaubener Ufer. Das ist aber keine Massenveranstaltung, sondern für bis zu 300 Besucherinnen und Besucher.»
Eine weitere Anfrage liege im Ordnungsamt vor. «Auch das im privaten Raum. Fläche für 150 Menschen. Das ist noch im Genehmigungsverfahren», teilte der Sprecher der Stadt Trier mit.
Eine Schlecht-Wetter-Alternative bietet der Nürburgring den Fußballfans. Dort werden alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft und das Finale live im sogenannten Ring Boulevard übertragen. In der Halle stehe eine 45 mal 8 Meter große LED-Wand, heißt es auf der Homepage des Nürburgrings. Der Eintritt zum Public Viewing sei frei.
Auf der Homepage der Stadt Landau heißt es: «Freut euch auf das größte Public Viewing in der Pfalz und feiert mit rund 6500 anderen Fußball-Begeisterten die Europameisterschaft 2024». Grundsätzlich benötige man für das Mitfiebern auf dem Neuen Messplatz keine Tickets. «Nach Verfügbarkeit und Besucherauslastung stehen Biertischgarnituren und Stehtische zur Verfügung. Wir empfehlen ein frühzeitiges Kommen.»
Jetzt müssen nur noch das Wetter mitmachen - und das Spielglück.
Dehoga blickt optimistisch auf die kommenden Wochen
«Ich bin der festen Überzeugung: Die EM trägt zur Verbesserung der gastgewerblichen Umsätze in diesem Jahr bei», sagte Gereon Haumann, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in Rheinland-Pfalz. Wie genau es letztlich kommen werde, sei vom Verlauf des Turniers abhängig.
Grundsätzlich sei die Situation mit jener vor der Heim-WM 2006 vergleichbar. Auch damals sei die wirtschaftliche Situation schwierig und die Erwartung an das deutsche Team eher verhalten gewesen. Letztlich sei das DFB-Team 2006 bis ins Halbfinale gestürmt. «Wir reden heute noch vom Sommermärchen», sagte Haumann. Die Menschen seien seinerzeit aus den Alltagssorgen gerissen worden. Bei einem erfolgreichen Verlauf der EM 2024 werde die Wirtschaft in Deutschland und Rheinland-Pfalz massiv profitieren, «und zuvorderst das Gastgewerbe». Natürlich gehöre auch gutes Wetter ein Stück weit dazu.
Nach seinem Eindruck seien viele Gastronomen sehr gut gerüstet für die kommenden Wochen, «besonders die bieraffinen Gastronomieeinheiten sind wirklich auf Zack». Sie könnten heutzutage dank Flachbildschirmen ihre Angebote auch kurzfristig recht einfach ausweiten. Es sei nunmal so, dass Menschen beim gemeinsamen Feiern von Erfolg mehr Geld ausgäben. Haumann glaubt auch an längerfristige Effekte, wenn etwa Gäste aus anderen Ländern später wiederkommen. Dafür müssten sich Deutschland und Rheinland-Pfalz von ihrer besten gastgeberischen Seite zeigen.
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