
Städte entwickelten sich zu «Hitze-Höllen»
Was Kommunen in Rheinland-Pfalz gegen Hitze und Versiegelung tun
Mainz (dpa/lrs) - Mehrere Städte in Rheinland-Pfalz schützen Bewohner nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nicht gut vor Sommerhitze. In diesen Kommunen gibt es einer Untersuchung zufolge zu wenig Bäume und zu viel versiegelte Fläche. Die Städte entwickelten sich zu «Hitze-Höllen», kritisiert die Lobbyorganisation mit Blick auf ihren bundesweiten Hitze-Check. Der Trend zu mehr Beton und weniger Grün sei alarmierend.
Ludwigshafen schneidet in dem Ranking am schlechtesten ab. «Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass im Stadtgebiet Ludwigshafen der Versiegelungsgrad in den Wohnsiedlungsbereichen nicht wesentlich anders ist als in anderen Städten», sagt ein Sprecher der Kommune dazu der Deutschen Presse-Agentur. Ein wesentlicher Faktor sei der Anteil Industrie und verarbeitendes Gewerbe, der sehr hohe Versiegelungsgrade aufweise.
«Dies ist weitgehend notwendig, um eine Belastung des Grundwassers durch Schadstoffe über Produktion, Lagerung und Transport zu vermeiden. Das ist auch ganz klar Vorgabe aus dem Wasserrecht.»
Ausspülung durch Regen vermeiden
Wo eine Reduzierung der Versiegelung möglich sei, werde dies gemacht. Zu berücksichtigen sei aber, dass Versiegelung auch aus Bodenschutzgründen nötig sei - etwa bei der Sanierung von Altlastenstandorten. Teilweise müssten Versiegelungen bleiben, um schädliche Bodenveränderungen abzudecken und eine Belastung des Grundwassers über eine Ausspülung durch Regen zu vermeiden.
Wichtige Maßnahmen gegen städtische Überwärmung würden in der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz mithilfe des Kommunalen Investitionsprogramms Klimaschutz und Innovation (Kipki) umgesetzt. «So sind beispielsweise im städtischen Baumpflanzprogramm für 2024 und 2025 Pflanzungen vorgesehen, die teilweise aus dem Kipki gefördert werden.» Zudem werde es ein Förderprogramm zur Entsiegelung und Begrünung privater Flächen geben.
Mainz wird ebenfalls eine hohe Versiegelung vorgeworfen. «Dass der Klimawandel in Innenstädten immer stärker spürbar wird, ist unbestritten», sagt Dezernentin Janina Steinkrüger dazu. Das fordere auch Mainz. Die Landeshauptstadt sei stark bemüht, Flächen zu entsiegeln, müsse sich als mittelalterlich geprägte, eng bebaute Stadt aber an vielen Stellen baulich vorherrschenden Gegebenheiten beugen. «Hinzu kommen Nutzungskonflikte wie Barrierefreiheit, Rettungswege, Denkmalpflege, Veranstaltungsflächen uns so weiter.»
Trinkwasser verschafft Hitzegeplagten Linderung
Viele Areale seien zudem für Baumpflanzungen wenig bis nicht geeignet, da im Erdreich zahlreiche Versorgungsleitungen und Kabelstränge platziert seien. «Entsiegelungen erfolgen auf projektierten Schulhöfen, zugleich ist die Stadt Mainz bemüht, mit Projekten wie dem Grünen Wohnzimmer an drei Stellen in der City sowie dem sukzessiven Ausbau der Trinkwasserangebote Hitzegeplagten Linderung zu verschaffen», betont Steinkrüger.
Der Erhalt von Altbäumen gehe aufgrund der klimatologischen Wirkung stets vor Ausgleichspflanzungen. Junge Bäume seien in der Luftreinigungswirkung weit weniger effektiv und bräuchten Jahrzehnte, um sich voll zu entfalten.
Auch Kaiserslautern wird eine hohe Versiegelung vorgeworfen, allerdings punktet die Kommune mit einem hohen Grünvolumen. «Wir sind aktiv in der Klimaanpassung - auch im Kernziel Hitze reduzieren und Grün schaffen», sagt eine Sprecherin der Kommune. Kaiserslautern besitze in der Verwaltung seit vielen Jahren eine dezernatsübergreifende Gruppe von Fachleuten, die sich um das Klimaanpassungskonzept kümmere.
«Finanzielle Unterstützung dringend erforderlich»
«Hier entstehen viele Ideen und Projekte, die zur Reduzierung der Hitzebelastung angegangen werden und angegangen werden könnten», betonte sie. Jedoch benötigten Klimaschutz und Klimaanpassung personelle und finanzielle Ressourcen. «Gerade in der finanzschwachen Lage von Kaiserslautern ist langfristige und unbürokratische finanzielle Unterstützung von Bund und Land dringend erforderlich», meint die Sprecherin.
Auch Worms schneidet bei den von der Umwelthilfe vorgelegten Zahlen nicht gut ab. Das habe sehr überrascht, betont eine Sprecherin der Stadt. «Da aus der Meldung der DUH leider nicht genau ersichtlich ist, wie die Zahlen zustande kommen, haben wir sie mit eigenen Auswertungen verglichen.» Daraus ergebe sich, dass per 31. Dezember 2023 insgesamt 65,3 Prozent der Stadtfläche für Vegetation genutzt würden. «Also nicht versiegelt sind. Rechnet man die Gewässerflächen mit, sind sogar knapp 70 Prozent unversiegelt.»
Gleichwohl seien Klimaschutz und Klimafolgenanpassung wichtige Arbeitsfelder der Stadtverwaltung. «Wir haben bereits einige Konzepte entwickelt, um den Anteil an Grünflächen zu erhöhen - wie den Rahmenplan Stadt.Klima.Grün, mit dem wir Flächen entsiegeln möchten», sagt die Sprecherin. Worms beteilige sich zudem am Kommunalen Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation (Kipki), der auch ein Projekt zur Pflanzung zusätzlicher Bäume sei. «Und schließlich haben wir das Klimakonzept Innenstadt entwickelt.»
Hitzeaktionsplan Rheinland-Pfalz
Für ihren Hitze-Check ließ die Umwelthilfe Satellitendaten auswerten und verglich Flächenversiegelung und Grünausstattung der 190 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern. 24 Städte fielen in beiden Kategorien durch, weitere 82 Städte schnitten zumindest in einer Kategorie schlecht ab. Rheinland-Pfalz hatte vor wenigen Wochen einen Hitzeaktionsplan veröffentlicht. Ziel sei, Menschen stärker vor den Folgen von Hitze zu schützen und zu sensibilisieren, hieß es. Der Plan enthält unter anderem Hitzewarnungen und Verhaltensempfehlungen etwa für Ältere und Pflegebedürftige.
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