
Es wird genügend Hebammen-Nachwuchs in Rheinland-Pfalz ausgebildet
Hebammenverband fordert mehr Personal und bessere Bezahlung
Mainz/Koblenz (dpa/lrs) - Die rheinland-pfälzischen Hebammen machen sich für mehr Personal in den Kliniken und eine bessere Bezahlung für die selbstständigen Geburtshelferinnen stark. Dringend nötig sei auch eine Registrierung der Hebammen im Land, um eine gute und zuverlässige Versorgungsplanung zu erstellen, sagte die Vorsitzende im Hebammen-Landesverband Rheinland-Pfalz, Juliane Müller, in Koblenz.
In Rheinland-Pfalz müsse man nicht von einem Hebammen-Mangel sprechen. «Wir bilden im Land auch ausreichend Hebammen-Studentinnen aus», versicherte die Landeschefin. «Wir brauchen aber sowohl für die jungen Kolleginnen, die nachkommen, als auch für die alteingesessen bessere Arbeitsbedingungen und auch eine angemessene Bezahlung. Sonst verlieren wir weiterhin unsere erfahrenen Kolleginnen und zusätzlich die neu gewonnenen Kolleginnen auch relativ schnell wieder.»
Personalmangel in Kliniken
Der Personalmangel in den Klinken resultiere daraus, dass aus wirtschaftlichen Gründen Stellenpläne ungenügend besetzt und zu wenige Hebammen eingestellt würden, sagte Müller. «Die Stellenpläne der Kliniken funktionieren, wenn keiner im Urlaub ist und alle gesund sind.» Sobald die Ferien starteten und die Urlaubs- und Erkältungszeit komme, gebe es aber Probleme und die Teams seien unterbesetzt.
Die Dienste seien oft zehn bis elf Tage am Stück im Schichtdienst. Danach folgten drei bis vier Tage Pause. Da die Erholungszeiten auch oft kurz seien und man zusätzlich einspringen müsse, erkranke das Personal immer häufiger und die Ausfallphasen dauerten länger an, berichtete die Verbandsvorsitzende. «Die Hebammen in den Kliniken sind oft total ausgepowert.»
Keine Anhebung der Gebührenordnung
Die freiberuflichen Hebammen, die vor allem für Vor- und Nachsorge im Einsatz seien, kämpften bereits seit mehreren Jahren für eine bessere Bezahlung. Seit dem Januar 2018 sei die Gebührenordnung nicht angehoben worden. Das bedeute, dass eine Hebamme in einem Kurs pro Frau nur 7,96 Euro abrechnen könne, erklärte Müller. «Viele geben deshalb ihre Selbstständigkeit auf, weil sie das aus finanziellen Gründen nicht mehr schaffen.»
Seit dem Jahr 2020 ist die Ausbildung zur Hebamme in Rheinland-Pfalz voll akademisiert. Auch um die jungen und neu gewonnen Kolleginnen nicht gleich wieder zu verlieren, seien bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung wichtig, betonte Müller, die seit Anfang des Jahres den Landesverband mit seinen rund 1.000 Mitgliedern leitet. Im deutschen Hebammenverband sind etwa 22.000 Mitglieder registriert. Die Zahl der in Deutschland arbeitenden Hebammen wird auf etwa 27.000 geschätzt.
Neue Ausbildung
Im Schuljahr 2019 befanden sich an den Hebammenschulen in Rheinland-Pfalz noch 148 Auszubildende. Im Jahr 2022 waren es 165, wie das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Landtagsfraktion mitteilte. An den Hebammenschulen konnten Ende 2022 letztmalig Auszubildende eine Ausbildung beginnen. Daher zeichne sich im Jahrgang 2023 ein Rückgang auf 106 Auszubildende ab.
Dass die Ausbildung von Hebammen mittlerweile akademisch angelegt ist, geht auf das Anfang 2020 in Kraft getretene Hebammenreformgesetz zurück. Dort ist geregelt, dass angehende Hebammen künftig in einem dualen Studium ausgebildet werden. Der Abschluss ist Voraussetzung, um die Berufsbezeichnung Hebamme führen zu dürfen. Für ein solches Studium braucht es eine Hochschulzugangsberechtigung, also etwa Abitur oder die Fachhochschulreife, oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Gesundheits- oder Krankenpflege.
Studiengänge in Ludwigshafen und Mainz
An der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen wird seit dem Wintersemester 2021/2022 der Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft mit einer jährlichen Aufnahmekapazität von 46 Studienplätzen angeboten. Seit dem Wintersemester 2023/2024 bietet auch die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Universitätsmedizin, einen entsprechenden Bachelorstudiengang mit einer jährlichen Aufnahmekapazität von 30 Studienplätzen an.
Die Geburtenanzahl stieg in Rheinland-Pfalz von 2009 bis zum Jahr 2023 um 3.612 Kinder an. Im vergangenen Jahr wurden 34.493 Geburten im Land gezählt. Durch die steigende Zahl an Geburten wuchs auch der Bedarf an Hebammen. Deswegen seien auch die Kapazitäten an Ausbildungsplätzen landesweit ausgebaut worden, berichtete das Ministerium. Zudem werde die Einrichtung von hebammengeleiteten Kreißsälen an sieben Geburtskliniken in Rheinland-Pfalz gefördert.
Drei Hebammenzentralen im Land
Gefördert werden den Angaben zufolge auch die drei Hebammenzentralen im Land in der Vulkaneifel, in Trier und in Mainz/Mainz-Bingen. Die finanzielle Unterstützung einer Hebammenzentrale in Altenkirchen sei beantragt. Zudem gebe es eine Initiative zur Gründung einer Hebammenzentrale im Westerwaldkreis. Der Landesregierung seien auch erste Überlegungen anderer Landkreise bekannt. Diese seien jedoch noch nicht konkret geworden, berichtete das Ministerium.
Die Vorsitzende des Landesverbands begrüßte die Einrichtung von Hebammenzentralen, da diese mit ihren unterschiedlichen Profilen in Vermittlung, Betreuung und auch Vertretungsregelungen sowohl die optimale Versorgung der Familien förderten, als auch eine gute Unterstützung für die Geburtshelferinnen seien. Nach ihren Angaben sollen neben den drei bereits bestehenden drei weitere Zentralen in Rheinland-Pfalz in Planung sein.
Der Anteil von Männern unter den Hebammen sei derweil verschwindend gering, berichtete Müller. In Rheinland-Pfalz sei kein Mann im Landesverband registriert. Bundesweit liege die Zahl nach Schätzungen im zweistelligen Bereich. Da sich die Gesellschaft immer mehr wandele und von alten Traditionen löse, wäre auch ein Wandel in diesem Beruf möglich, sagte Müller. Die Geburt sei zwar ein sehr intimer Prozess, den aber auch männliche Hebammen einfühlsam begleiten könnten.
Bild: Symbolbild
Berichterstattung regional und aktuell aus Koblenz und der Region Mittelrhein.