Schlappe für Wefelscheid beim Parteitag der Freien Wähler

Landeschef Wefelscheid kassiert eine Niederlage

Schlappe für Wefelscheid beim Parteitag der Freien Wähler

Kordel (dpa/lrs) – Offener Zwist und Denkzettel per Abstimmung: Der Parteitag der Freien Wähler Rheinland-Pfalz ist vom Streit in den eigenen Reihen überschattet worden. 

Bereits zu Beginn der Veranstaltung im Bürgerhaus in Kordel kassierte der Landesvorsitzende Stephan Wefelscheid eine Abstimmungsschlappe. Kurz darauf wurde ein Austritt aus der Landtagsfraktion angekündigt. Hitzig wurde es am Abend zudem bei einer Debatte um Geschlechterpolitik. Angesichts vieler atmosphärischer Störungen und teils weit auseinander liegender politischer Positionen stehen die Freien Wähler vor schwierigen Monaten. 

So richtig war der Parteitag noch gar nicht losgegangen, da fiel Wefelscheid bei der Abstimmung über den Tagungspräsidenten durch und musste Daniel Klingelmeier aus dem Kreisvorstand Trier den Vortritt lassen. «Ich war dann schon erstaunt und überrascht», sagte Wefelscheid am Rande der Veranstaltung. 

Für ihn war es nicht der erste Rückschlag, Ende Juni hatte er bei der Wahl eines neuen Fraktionsvorsitzenden für den mittlerweile ins Europaparlament gewechselten Joachim Streit den Kürzeren gezogen und anschließend seinen Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer abgeben. Stattdessen war damals Helge Schwab Fraktionschef geworden.

Öffentliche Kritik im Vorfeld des Parteitags

Spätestens mit dem Bundesparteitag in Bitburg im Februar hatte es bei den Freien Wählern und ihrer Fraktion zu rumoren begonnen. Seinerzeit hatte das Gros der rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten gegen einen vom Koblenzer Kreisverband von Wefelscheid eingebrachten Antrag zu einem Kooperationsverbot mit der AfD gestimmt. Auch Kritik am Umgangsstil Wefelscheids war immer wieder zu hören gewesen – darauf folgte dann die überraschende Kür Schwabs zum Fraktionschef. 

Im Vorfeld des Parteitags in Kordel kritisierte der erst im Juli für Joachim Streit in den Landtag und die Fraktion nachgerückte Bernhard Alscher die Arbeit Schwabs in mehreren Medien scharf. Streit nutzte sein Grußwort in Kordel für deutliche Worte in Richtung Alschers und nannte dessen öffentlich vorgetragene Kritik unterirdisch. 

Alscher wiederum sprach von «Egoisten», die ein abgekartetes Spiel spielten. Er kündigte vor den zu der Zeit noch rund 130 Delegierten seinen baldigen Rückzug aus der Fraktion an, sein Landtagsmandat möchte er behalten. Damit würde die Fraktion von sechs auf fünf Mitglieder schrumpfen und hätte dann gerade noch die in der Geschäftsordnung des Landtags vorgegebene Mindestgröße. 

Fassungslosigkeit bei Delegierten

Bei der Aussprache auf dem Parteitag zeigten sich einige Delegierte fassungslos ob der tiefen Zerwürfnisse. Andere warnten davor, sich selbst zu zerfleischen. Auch die Kontrahenten Streit und Wefelscheid betonten, dass die Freien Wähler letztlich nur gemeinsam erfolgreich sein könnten. Der Zusammenhalt als Markenkern der Partei müsse erhalten werden, sagte Streit. Wefelscheid sagte, in der Partei gebe es einen liberalen und einen mittlerweile sehr konservativen Flügel. «Diese Flügel müssen sich einhaken, denn fliegen kann man nur mit zwei Flügeln», betonte Wefelscheid.

Einen Anlass für einen Rückzug vom Landesvorsitz sieht Wefelscheid nach der Abstimmung über das Tagungspräsidium nicht. Gleichzeitig betonte er, er halte es für einen strategischen Fehler, dass Partei- und Fraktionsvorsitz nicht in einer Hand sind.

Debatte um Geschlechterpolitik 

Abseits all dieser Konflikte wurde am Nachmittag auch ausführlich über politische Inhalte diskutiert. So nahmen die Delegierten mehrheitlich einen von Wefelscheid eingebrachten Leitantrag zur Wirtschaftspolitik an. Dieser fordert von der Ampel-Landesregierung deutlich bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen im Land.

Mit Spannung erwartet worden war unter anderem die Diskussion zum Thema Geschlechterpolitik, die am Abend auch emotional geführt wurde. In einem Antrag dazu wurde das Selbstbestimmungsgesetz abgelehnt, mit dem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen in Deutschland anmelden können, dass sie Geschlechtseintrag und Vornamen ändern möchten. Bislang waren dafür eine Gerichtsentscheidung und Sachverständigengutachten nötig.

In dem Antrag wurde außerdem gefordert, an öffentlichen Gebäude nicht mehr die Regenbogenflagge aufzuziehen. Antragsteller Sascha Kraft aus dem Kreisverband Westerwald sagte, die schwarz-rot-goldene deutsche Nationalflagge stehe für die Rechte und Freiheiten aller Menschen unabhängig von ihrer Identität oder Lebensweise. Es gebe keine Notwendigkeit für Symbole, die nur für einzelne Gruppen stünden. 

Regenbogenflagge wird hitzig diskutiert

Die Meinungen unter den verbliebenen Delegierten zu einzelnen Punkten des Antrags gingen weit auseinander. Einige äußerten Zustimmung, andere rückten Formulierungen in dem Antrag in die Nähe des AfD-Parteiprogramms. Fraktionschef Schwab sagte, für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum die Regenbogenflagge neben anderen wie der Deutschlandfahne gehisst werden solle, sie stehe für eine Minderheit. 

Am Ende wurde der Teil des Antrags zum Selbstbestimmungsgesetz zur weiteren Beratung verwiesen. Der Teil zur Regenbogenflagge wurde dahingehend geändert, dass die Flaggen-Dienstordnung konsequent umgesetzt werden soll und an einzelnen Tagen andere, darin nicht vorgesehen Fahnen wie die Regenbogenflagge gehisst werden können.

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Datum: 30.09.2024
Rubrik: Politik
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