Grundsteuer – verfassungswidrig?

Vermischtes

Grundsteuer – verfassungswidrig?

Etwa 200 Personen folgten der Einladung der Juristischen Gesellschaft Mittelrhein e.V. und dem Verband Haus & Grund Koblenz zu einem Vortrag des bekannten Juristen Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Universität Augsburg, zu den verfassungsrechtlichen und steuerrechtlichen Grundlagen der aktuellen Erhebung der Grundsteuer nach der und Reform.

Prof. Kirchhof erläuterte umfassend die Grundlage der Besteuerung. Nach seiner Auffassung ist die Grundsteuer eine sogenannte Äquivalenzsteuer und wird bezogen auf die Grundstücke für die allgemeinen Leistungen der Kommune, die die Werthaltigkeit des Grundbesitzes beeinflussen, erhoben. Hierzu gehören die Unterhaltung von Grünflächen, Kindergärten, Schulen, Kultureinrichtungen und viele andere Dinge mehr. Er spannte den Bogen von der Erhebung auf der Grundlage der Einheitswerte in den dreißiger Jahren bis zur heutigen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Die damalige Einheitsbewertung sollte zu einer Erfassung der Werte des Grundbesitzes führen. Dies war über Jahrzehnte unbestritten. Aufgrund des notwendigen Aufwandes wurde die Einheitsbewertung lediglich pauschal in den sechziger Jahren fortgeschrieben und entfernte sich zunehmend von den tatsächlichen Werten. Die aktuelle Reform sollte eine neue Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer schaffen. Hierzu wurde ein Gesetz des Bundes erlassen, dass jedoch eine Öffnungsklausel für die Bundesländer vorsieht. Nur wenige Bundesländer haben von dieser Gebrauch gemacht. Prof. Dr. Gregor Kirchhof hob lobend besonders die Länder Hessen, Hamburg und Niedersachsen hervor, die mit einem vereinfachten Verfahren unter Einbeziehung der Werte der Gebäulichkeiten und der Flächen zu einer Erhebungsgrundlage für die Grundsteuer gelangen. Das Land Bayern hat ein reines Model auf der Grundlage der Bewertung der Flächen gesetzlich vorgegeben. Baden-Württemberg hat wiederum ein eigenes Model gewählt. Die übrigen Bundesländer wurden nicht tätig und berechnen die Grundsteuer auf der Grundlage des Bundesgesetzes.

Im Hinblick darauf, dass das Bundesmodel in Rheinland-Pfalz gilt, konzentrierten sich seine Ausführungen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht auf das sog. Bundesmodel. Prof. Dr. Kirchhof legte sehr ausführlich dar, dass er das Bundesmodel für verfassungswidrig erachtet. Die Parameter, die in die Erhebung einfließen, seien ungenau und würden so zu einer verfassungsrechtlichen nicht hinnehmbaren Verzerrung führen.

Besonders hob er die Schwäche der Bodenrichtwerte hervor, deren Ermittlung keine Einheitlichkeit zugrunde liegen, sodass es auch bei nebeneinander liegenden Grundstücken zu erheblichen Wertunterschieden kommen könne. Da wiederum die Bodenrichtwerte erhebliche Grundlage bei der Erfassung im Rahmen der Grundsteuer seien, sei daher aus verfassungsrechtlicher Sicht eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung gegeben.

Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielt mit seiner Kritik am Gesetzgeber nicht zurück. Im Hinblick darauf, dass bereits mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 zur Vermögenssteuer klar war, dass die Erfassung der Grundstückswerte mit den Einheitswerten aus verfassungsrechtlichen Gründen einer neuen Grundlage bedürften, wäre ein Tätigwerden längst geboten gewesen. Dies habe das Bundesverfassungsgericht auch in Folgeurteilen stets hervorgehoben. Da diese Urteile jedoch jeweils für andere Steuerarten, wie z. B. die Erbschaftsteuer, ergangen waren, wurde der Gesetzgeber bezüglich der Grundsteuer erst tätig, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 ausdrücklich hierzu seine Entscheidung gefällt hat.

In seinen weiteren Darlegungen spannte Prof. Dr. Gregor Kirchhof einen weiteren Bogen über das Problem der Grundsteuer hinaus auf andere Steuerarten. Er plädierte für eine Vereinfachung im Rahmen der Steuererhebung. Er zeigte auf, dass in Deutschland über vierzig Steuertatbestände existieren, wobei hiervon der überwiegende Teil lediglich mit 1 % am Steueraufkommen beteiligt sei. Die Frage von Ertrag und Aufwand müsse kritisch gestellt werden. Er vermisse in dieser Hinsicht eine Transparenz, was aus seiner Sicht zu einem Demokratiedefizit führe. Er plädierte für eine Entschlackung, die er auch im Hinblick auf die notwendige Digitalisierung in der Verwaltung zugunsten des Bürgers erfolgen müsse.

Die Vorsitzenden der Juristischen Gesellschaft Mittelrhein e. V. bzw. Haus & Grund Koblenz, Notar Hans-Jörg Assenmacher und Rechtsanwalt Christoph Schöll bedankten sich bei dem Referenten für den außerordentlich eindrucksvollen Vortrag. Die vielfältigen Fragen aus dem Publikum im Anschluss an den Vortrag zeigten auf, dass auch die Teilnehmer die Ausführungen mit größtem Interesse verfolgt hatten. Dank galt auch der Handwerkskammer Koblenz mit Ihrem Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich an der Spitze, für die zur Verfügungstellung der Räumlichkeiten.

Quelle: Pressemitteilung Juristische Gesellschaft Mittelrhein e. V.

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Datum: 27.05.2025
Rubrik: Vermischtes
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