
Vermischtes
Mit 19: Tim Sieper ist Deutschlands jüngster Bürgermeister
Eckenroth (dpa/lrs) - Der Platz vor dem Gemeindehaus in Eckenroth ist sauber, die Hecken sind ordentlich gestutzt. Die Spielgeräte neben dem Gebäude sind mit rot-weißem Flatterband abgehängt, Schaukel und Wippe haben «bauliche Mängel», wie ein Schild mitteilt. «Da wird eine Beschlussvorlage vorbereitet, damit beschäftigen wir uns in der nächsten Gemeinderatssitzung», sagt Tim Sieper. Die nächste Gemeinderatssitzung wird auch die erste sein, die er im beschaulichen Eckenroth leitet. Mit gerade einmal 19 Jahren ist Sieper der jüngste Bürgermeister Deutschlands - so steht es auf der Internetseite des Netzwerks Junge Bürgermeister*innen.
Das Amt im 200-Einwohner Dörfchen im Landkreis Bad Kreuznach hat er vor wenigen Wochen übernommen. Zuvor hatte es sein Vater inne, Michael Sieper. Dieser war 2024 vom Rat gewählt worden, nachdem es keinen Direktkandidaten bei der Kommunalwahl gegeben hatte. Anfang des Jahres musste er das Amt jedoch aufgrund gesundheitlicher Probleme aufgeben, und Eckenroth stand erneut ohne Bürgermeister da. Da meldete sich Tim Sieper und warf seinen Hut in den Ring.
Vom Jugendrat zum Bürgermeister
«Wenn sich jemand gefunden hätte, der älter ist, der mehr Lebenserfahrung hat, dann hätte ich dem natürlich den Vortritt gelassen. Aber jetzt, da sich halt niemand gefunden hat, habe ich mich gemeldet», sagt er heute über seine Kandidatur. Anfang Mai wurde er dann in der Ratssitzung gewählt, mit vier von sechs Stimmen. Die zwei Gegenstimmen beunruhigen ihn aber nicht: «Es ist natürlich auch langweilig, wenn man nur Rückenwind bekommt», sagt er. Das seien jetzt eben Leute, denen er etwas beweisen müsse. Beweisen, dass er es kann. Den Titel des jüngsten Bürgermeisters übernahm er damit von Caroline Candels, ebenfalls 19, die jedoch einen Monat älter ist als Sieper. Candels ist Bürgermeisterin in Roscheid, einem Dorf in der Eifel.
Im Frühjahr hat Sieper sein Abitur im nahegelegenen Bad Kreuznach gemacht. Das sei auch der Grund, warum er bei den Kommunalwahlen nicht für den Gemeinderat kandidiert habe; er wollte sich auf seinen Abschluss konzentrieren. Im Herbst beginnt er mit einem dualen Studium zum Sport- und Bewegungstherapeuten, ebenfalls in Bad Kreuznach. Der Studiumsteil sei in Saarbrücken, jedoch weitgehend online. Bis sein Studium beginnt, arbeitet er nachts bei einer Bäckereikette in der Region und fährt Backwaren aus. Nach seiner Nachtschicht sei dann Zeit für den Bürgermeisterdienst.
Vor seinem Amtsantritt sammelte Sieper erste Erfahrungen in der Politik im Jugendrat der Verbandsgemeinde Langenlonsheim-Stromberg. «Für uns ist das natürlich eine tolle Sache, auch weil es eine Signalwirkung nach Außen hat: Das ist möglich für junge Menschen», sagt Michael Cyfka (CDU). Cyfka ist Bürgermeister der zuständigen Verbandsgemeinde Langenlohnsheim-Stromberg. Für ihn zeigt Siepers Engagement vor allem, dass junge Menschen eben doch Interesse an Kommunalpolitik haben könnten, auch wenn immer Gegenteiliges behauptet werde.
Bundespolitik spielt keine Rolle
Bei seinem politischen Engagement geht es Sieper aber vor allem um seine Heimat. «Es geht mir mehr hier um Eckenroth, als was auf der Bundesebene abgeht. Das bringt dem Ort nix, wenn ich mich damit beschäftige», sagt er. Einer Partei gehört Sieper nicht an. Eines seiner ersten Ziele sei es, Eckenroth bekannter zu machen, etwa über Social-Media oder die Medien. «Das läuft bisher auch recht gut», sagt er. Nach einem Bericht über ihn im SWR habe er auch Anrufe von Freunden aus Erfurt bekommen, die plötzlich sein Dorf kennen.
Was er an seiner Heimat am meisten liebe, sei die Lage, sagt er. Eckenroth liegt auf einer Hügelkuppe, umgeben von Wald, Feldern und Weinbergen, die Aussicht ist beeindruckend. Zudem sei alles sehr familiär in Eckenroth. «Ich bin hier aufgewachsen, ich kenne fast jeden, fast jeder kennt mich. Es ist also auch kein Problem für mich, mit den Leuten hier zurechtzukommen.»
«Beamtendeutsch kennt man nicht als 19-Jähriger»
Dennoch seien seine ersten Wochen im Amt anstrengend gewesen, was vor allem an der Einarbeitung liege. «Wenn da eine Unterlage kommt, in Beamtendeutsch, das kennt man nicht als 19-Jähriger. Dann ist es auch noch schwer, das zu verstehen, aber es wird.» Und wenn er mal etwas nicht versteht, habe er immer noch seinen Vater, der ihn unterstützt. Auch Cyfka sagt, Sieper werde seine Sache schon gut machen: «Er tickt da ganz normal und geht mit gesundem Menschenverstand rein. Man wächst da rein.»
Das ist es auch, was Sieper anderen jungen Menschen rät, die sich für Kommunalpolitik interessieren: einfach mal machen. «Auf jeden Fall sollte man, je nachdem wie alt man ist, gucken, ob es in der Gemeinde einen Jugendrat gibt. Und ansonsten einfach für den Gemeinderat aufstellen lassen und schauen.»
Nach dem Gespräch geht es für Sieper erst mal wieder nach Hause. Eigentlich. Denn etwa 20 Minuten später erklingt die Feuerwehrsirene in Eckenroth. Als einer der Ersten kommt Sieper am Feuerwehrhaus an, er ist auch aktiver Feuerwehrmann. Er ist eben in Eckenroth verwurzelt.
Foto: Philipp Rahn/dpa
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