Insel Nonnenwerth nach langer Schultradition vor ungewisser Zukunft

Privatem Gymnasium droht die Schließung

Insel Nonnenwerth nach langer Schultradition vor ungewisser Zukunft

Remagen (dpa) - 168 Jahre Schultradition und dann Leerstand? Auch Luxuswohnungen sind hier schon in Aussicht gestellt worden. Seit 1854 haben sich Franziskanerinnen auf der Rheininsel Nonnenwerth bei Remagen um ein Mädchenpensionat gekümmert. Am 15. Juli 2022 hat hier der Schulbetrieb eines privaten Gymnasiums geendet - mit vielen Kindertränen. Schulträger und Inseleigentümer Peter Soliman teilt der Deutschen Presse-Agentur mit: «Ich habe derzeit keine konkreten Pläne, wie die Insel künftig genutzt wird.»

Es ist ein idyllisches Eiland ganz im Norden von Rheinland-Pfalz, zwei Kilometer lang. Die nördliche Inselspitze gehört schon zu Nordrhein-Westfalen. Das historische leere Kloster- und Schulgebäude ist riesig - es hat rund 20 000 Quadratmeter Fläche. Nur mit zwei Fähren sind die Schüler und Schülerinnen hierher gelangt.

Soliman, der das Eiland mitsamt Gebäude vor etwa zweieinhalb Jahren von Franziskanerinnen gekauft hat, will nach eigenen Worten «in nächster Zeit auf die Stadt Remagen und den Kreis Ahrweiler zugehen. Dabei wird es darum gehen, gemeinsam Perspektiven für die Insel und ihre einmaligen historischen Gebäudeeinheiten zu schaffen.» Die berechtigten Interessen von Remagen und der Region würden selbstverständlich berücksichtigt.

Die parteilose Ahrweiler-Landrätin Cornelia Weigand erklärt, mit Stand 22. Juli habe ihr noch kein Gesprächsangebot vorgelegen. «Da es sich sowohl bei der Insel als auch bei ihren Gebäudeeinheiten um Privateigentum handelt, muss der Besitzer selbst unter Berücksichtigung der bestehenden bauplanungsrechtlichen Vorgaben Perspektiven für die Zukunft erschließen», ergänzt Weigand.

Die Stadt Remagen zeigt sich «bestürzt» wegen der Schulschließung und bekräftigt, «dass an der aktuellen Festlegung für die Nutzung der Insel – namentlich: Flächen für den Gemeinbedarf, Kirchen und kirchlichen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen, Schule und Sportanlagen - festgehalten wird». Flächennutzungsplan, Denkmal- und Naturschutz sowie Insellage in einer Bundeswasserstraße und fehlende Brücken - all dies könnte Solimans Möglichkeiten wohl einschränken.

Eine Vermarktung von Luxuswohnungen etwa erscheint da wenig wahrscheinlich. Schon 2021 hat das Exposé eines Immobilienmaklers die damalige Schulgemeinde Nonnenwerth aufgeschreckt. 47 Wohnungen mit 100 bis 280 Quadratmetern im Gebäude auf der Insel hat es projektiert, mit Darstellungen heller Räume mit Rundbögen und Parkettböden «aus anderen Kloster-Projekten» zur Veranschaulichung. Später erklärt der Kölner Makler, das Exposé sei zurückgezogen. Ein Missverständnis. Er habe keinen Auftrag von Soliman bekommen.

Die Schließung der Ganztagsschule mit zuletzt rund 460 Schülerinnen und Schülern am 15. Juli 2022 hat Soliman mit unzureichendem Brandschutz begründet. Davon habe er beim Kauf der Insel nichts gewusst. Mit mehreren Hunderttausend Euro sei die Fortführung des Unterrichts wenigstens bis zum Schuljahresende ermöglicht worden. Der Aufwand für eine dauerhafte Beseitigung der Brandschutzmängel werde aber von Experten auf mehr als zehn Millionen Euro geschätzt. Das sei nicht wirtschaftlich zu stemmen. Trotz intensiver Suche sei auch kein anderer Schulträger gefunden worden. Die Schülerzahl sei in seiner Zeit gestiegen - und das diesjährige Abitur hätten alle bestanden.

Der Betriebsratsvorsitzende der bislang hier angestellten Lehrer, Franz-Josef Wallmeier, spricht von einem undurchsichtigen Inselverkauf der Franziskanerinnen und einer späteren kaltblütigen Abwicklung. Im August verhandele das Arbeitsgericht Koblenz Kündigungsschutzklagen von Kollegen. Mit Stand 15. Juli hätten noch nicht alle angestellten Pädagogen eine neue Beschäftigung gefunden.

Die Schüler müssen nach den Sommerferien auf andere Schulen wechseln - in Einzelfällen laut dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium je nach Wohnort mehr als 50 Kilometer entfernt. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) bedauert nach eigenen Worten, «dass die Bemühungen um einen Weiterbetrieb des Franziskus-Gymnasiums Nonnenwerth über das Schuljahresende hinaus nicht von Erfolg gekrönt waren. So sehr ich die Enttäuschung bei allen Beteiligten über die Schließung nachvollziehen kann, so überzeugt bin ich auch, dass sich die früheren Schülerinnen und Schüler von Nonnenwerth an ihren neuen Schulen sehr schnell heimisch und wohl fühlen werden.»

Am letzten Schultag am 15. Juli haben mehr als ein Dutzend private Sicherheitskräfte die Insel bewacht. Eltern haben nicht mit der Fähre auf das Eiland übersetzen dürfen, um ihre Kinder abzuholen. Solimans Anwalt Jörn Claßen teilt mit: «Auf der Insel wurden mehrere Hundert Personen erwartet. Daher wurden die allgemein üblichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen.» Die bisherige Schulleiterin Andrea Monreal sagt, sie habe seit November 2021 Hausverbot gehabt und die Insel seitdem nicht mehr betreten. Unter Tränen hat sie sich am Remagener Ufer von allen Schülern einzeln verabschiedet.

Gruppierungen im Umfeld der Insel wie der Verein «Rettet Nonnenwerth» wollen laut ihrer Sprecherin Marie Schmidt im Herbst 2022 einen neuen Zusammenschluss gründen. Dieser werde politische Ziele verfolgen, etwa dass kirchliche Organisationen nicht so leicht private Schulen verkaufen könnten und diese besser vor Schließungen geschützt würden.

Berichterstattung regional und aktuell aus Koblenz und der Region Mittelrhein.

Datum: 26.07.2022
Rubrik: Bildung
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