Auf Augenhöhe - wie Rheinland-Pfälzer und Ruander voneinander lernen

Etablierte Partnerschaft besteht seit Jahrzehnten

Auf Augenhöhe - wie Rheinland-Pfälzer und Ruander voneinander lernen

Kigali/Landau (dpa/lrs) - Wenn Olivier Nsengimana über den Grauen Kronenkranich spricht, ist seine Begeisterung förmlich zu greifen. Als Chef und Gründer der Rwanda Wildlife Conservation Association setzt er sich für den Schutz der gefährdeten Vögel mit ihrer charakteristischen Federkrone ein. Unterstützung bekommt er vom Zoo Landau und der dortigen Zooschule - nur ein Beispiel für die Zusammenarbeit auf ganz unterschiedlichen Ebenen zwischen Ruanda und Rheinland-Pfalz als Ergebnis von nunmehr 40 Jahren Partnerschaft.

Einer Delegation aus Rheinland-Pfalz schildert Nsengimana im Schutzgebiet Umusambi Village, gelegen am Rande der ruandischen Hauptstadt Kigali, wie schlecht es um den Grauen Kronenkranich in dem ostafrikanischen Land bestellt war. Bei einer Zählung 2017 seien gerade einmal 487 der Tiere erhoben worden, fünf Jahre später seien es dank Schutz- und Rettungsmaßnahmen schon mehr als 1000 gewesen.

In das Feuchtgebiet um das Umweltbildungszentrum Umusambi Village kommen zum Beispiel aus Gefangenschaft befreite Kronenkraniche, die in freier Wildbahn nicht überleben würden. Der Vogel, der im Nachbarland Uganda die Landesfahne schmückt, gilt in Ruanda als Symbol für Reichtum und Langlebigkeit. Wohlhabende Familien oder Hotels hätten es daher chic gefunden, die Vögel in Gärten zu halten, berichtet Nsengimana. Den Tieren seien die Flügel gestutzt worden, was ein Aussetzen unmöglich mache. Sie können ihren Lebensabend im Umusambi Village verbringen, wo Besucher auf Infotafeln mehr über Kraniche erfahren.

Bildungsmaterialien wie diese entwickeln Nsengimana und seine Kollegen seit 2017 gemeinsam mit dem Zoo Landau und dem Naturschutzbund Nabu. Der Zoo half auch bei Auswilderungen und der Ausbildung von Rangern für den Einsatz im Rugezi-Sumpf mit, einem Feuchtgebiet in Ruandas Norden. Seit kurzem ist die Zooschule Landau bei der Zusammenarbeit ebenfalls mit im Boot. Auch sie widmet sich als außerschulische Bildungseinrichtung dem Artenschutz, wie Leiterin Gudrun Hollstein betont. Internationale Zusammenarbeit sei dafür unerlässlich. «Das passte genau in unser Konzept.»

Die Zusammenarbeit mit Ruanda bringe nicht zuletzt einen wichtigen kulturellen Perspektivwechsel, sagt Hollstein. Der Artenschutz stehe in beiden Ländern vor ähnlichen Herausforderungen: es gelte, junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Nsengimana bestätigt das. Er beobachte immer wieder, wie viel ein Besuch im Umusambi Village bei Kindern bewege. Das sei eine Art Schritt zurück zur Natur.

Projekte wie dieses zeigen, was im Zentrum der Partnerschaft von Rheinland-Pfalz und Ruanda steht - der direkte Austausch von Menschen im Sinne einer Graswurzelpartnerschaft, die nicht nur auf der politischen Ebene verharrt. Die 40 Jahre hätten dazu geführt, dass Rheinland-Pfalz vielen Ruandern ein Begriff sei und Rheinland-Pfälzer viel mehr über Ruanda wüssten als Menschen aus anderen Bundesländern, sagt der deutsche Botschafter in Ruanda, Thomas Kurz.

Ein großer Teil der Projekte wird vom Koordinationsbüro in Kigali mit Leiterin Katja Gruber mitbetreut oder unterstützt. Bei einem Festakt zum 40. Geburtstag der Partnerschaft in Kigali erinnert Gruber daran, dass die Partnerschaft noch in einer Zeit ohne Handys oder Email entstanden ist. Ausgangspunkt sei 1982 ein Briefwechsel gewesen, rheinland-pfälzischer Ministerpräsident war damals Bernhard Vogel (CDU). Längst sei eine Freundschaft entstanden.

Mittlerweile sind rund 2200 Partnerschaftsprojekte angestoßen worden, etwa 180 Kommunen und 40 Vereine sowie Stiftungen engagieren sich. Es sind nicht immer die ganz großen Summen, die fließen, dafür geht es um ganz praktische Hilfe - in der Berufsausbildung im Handwerk, dem Kartoffelanbau oder eben dem Schutz gefährdeter Tierarten.

Im Distrikt Kamonyi wird so eine inklusive Schule unterstützt, die Group Scolaire Rosa Mystica. Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) betont nach einem Rundgang, wie wichtig solche Einrichtungen sind: «Eine inklusive Gesellschaft ist eine Gesellschaft für alle», sagt er. Kerstin Geiser ist Rektorin einer Schule mit Förderschwerpunkt Sprache im südpfälzischen Rülzheim, die seit 2017 Partner der Rosa Mystica ist. Die Partnerschaft umfasst Fortbildungen, Beratung in Sachen Klassenmanagement und Lernmethoden oder gegenseitige Besuche. Geplant ist gerade beispielsweise auch, über Spenden drei ruandischen Lehrkräften ein sonderpädagogisches Studium zu ermöglichen.

Seit 2019 gibt es in der Rosa Mystica eine Abteilung für Kinder mit Autismus. Die hat zurzeit nur einen Raum, bald werden aber neue Gebäude fertig, auch dank der Unterstützung der «Rainer Meutsch Stiftung Fly & Help» aus Kroppach im Westerwald. Rektorin Geiser sagt, die Partnerschaft sei keine Einbahnstraße. Die Eindrücke aus Ostafrika ließen einen zuhause anders auf Dinge schauen. Sie bewundere die Tatkraft der ruandischen Kollegen, die gingen Probleme an, auch wenn noch keine konkrete Lösung in Sicht sei.

Foto: Christian Schultz/dpa

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Datum: 04.11.2022
Rubrik: Soziales
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