Energieausbau soll beschleunigt werden

Nach maximal 30 Jahren muss ein Windkraftturm ausgetauscht werden

Energieausbau soll beschleunigt werden

Etwa zehn Minuten dauert die Fahrt in einem engen Wartungsaufzug bis zur Nabe des Windkraftturms in einer Höhe von 98 Metern. Von dort geht es, aus Sicherheitsgründen mit einem Helm und Industriegurten gesichert, noch weitere sechs Meter über eine steile Leiter ins Maschinenhaus. Von dort gelangt man auf die schmale Plattform auf dem Dach der engen und einheitlichen Gondel. Ein Besuch an der Spitze eines Windrads ist definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst.

Die "Elisabethmühle" steht in einem Rapsfeld vor den Toren von Beltheim im Hunsrück und wurde 2019 an der Stelle errichtet, an der vor 24 Jahren das erste große Bürgerinitiativprojekt für Windenergie in der Region aufgestellt wurde, wie Werner Vogt von Höhenwind, dem Betreiber, berichtet. Der Hunsrück gilt als Vorreiterregion beim Ausbau der Windenergie in Rheinland-Pfalz.

Die neue Mühle, benannt nach Vogts verstorbener Ehefrau, hat eine Leistung von 2,3 Megawatt und ist damit wesentlich leistungsfähiger als ihr Vorgänger mit nur 0,6 Megawatt (repowert). "Sie versorgt nun fast 1000 Haushalte mit Strom, während es zuvor nur 200 waren", erläutert Gabriele Schmidt, die Landesvorsitzende des Bundesverbands Windenergie (BWE).

"Repowering ist die Lösung für viele Probleme", sagt Klimaschutz- und Energieministerin Katrin Eder (Grüne) während ihres Besuchs am Windrad. Es ist auch der Weg, auf dem Rheinland-Pfalz sein im Koalitionsvertrag festgelegtes Ziel erreichen will, die Windkraft jährlich um 500 Megawatt auszubauen. Doch davon ist man noch weit entfernt: Im ersten Quartal 2023 wurden laut Schmidt nur elf Anlagen mit einer Gesamtleistung von knapp 46 Megawatt errichtet.

Allerdings dauert es manchmal fünf bis zehn Jahre, bis eine neue Anlage anstelle der alten gebaut wird, erklärt Eder. "Derzeit ist geplant, dass eine Anlage drei bis vier Jahre nach Erteilung der Genehmigung errichtet wird", ergänzt Schmidt. Aber nicht immer verläuft alles reibungslos.

Eder kündigt an, systematisch nach Hindernissen zu suchen und diese aus dem Weg zu räumen. Runde Tische und eine Taskforce im Ministerium, in Zusammenarbeit mit den Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD), sollen helfen, solche Hürden abzubauen.

Zudem werden die SGD Nord und Süd künftig für die Genehmigungsverfahren zuständig sein, nicht mehr die kreisfreien Städte oder Landkreise. Diese Zentralisierung wird dazu beitragen, dass die Genehmigungsverfahren immissionsschutzrechtlicher Natur beschleunigt werden, erklärt Eder. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Joachim Streit, befürchtet jedoch "weitere Verzögerungen beim Ausbau einer zentralen erneuerbaren Energiequelle". Laut Streit haben die Landesbehörden Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal für die technische Bearbeitung einzustellen.

Um das selbstgesteckte Ausbauziel zu erreichen, müssten theoretisch mindestens zwei Anlagen pro Woche gebaut werden, rechnet Schmidt vor. Ist das überhaupt möglich? "Die Landesregierung unternimmt große Anstrengungen, um den Weg zu ebnen und die richtigen Weichen zu stellen", stellt Schmidt fest.

Zu den Herausforderungen des Ausbaus gehört laut Eder auch das Fehlen von Artenschutzdaten, die als Grundlage für die Genehmigung von Anlagen benötigt werden. Vogt unterstützt beispielsweise eine Studie zur Windkraft und dem Rotmilan. Ein Jahr nach dem Bau der "Elisabethmühle" habe sich ein Rotmilan am benachbarten Waldrand niedergelassen und gebrütet. "Das Windrad stört ihn überhaupt nicht. Hätte er jedoch zwei Jahre zuvor dort gewohnt, hätten wir nicht bauen dürfen."

Vogt und Schmidt weisen auch auf Abschaltvorrichtungen für Windräder hin, die im Zusammenhang mit Tierschutz und Windenergie diskutiert werden. So können die Anlagen bei bestimmten Wetterbedingungen abgeschaltet werden, um Fledermäuse zu schützen oder wenn Vögel wie der Rotmilan auf Mäusejagd gehen, nachdem das Feld gemäht wurde. Auch der Schutz der Menschen vor Lärm und Schattenwurf kann ein Grund für temporäres Abschalten sein, erläutert Schmidt.

In der Nähe der "Elisabethmühle" zeigt Vogt auf eine runde Kiesfläche, auf der langsam wieder Gras wächst: Dort stand früher ein Windkraftturm. "Mühle weg, Fundament weg, Boden wiederhergestellt - alles ist wieder gut", sagt der begeisterte Verfechter der Windenergie. "Man sieht nicht mehr, wo sie gestanden hat."

Der demontierte Windkraftturm liefert nun in Apulien, Italien, Strom für eine Mozzarella-Produktion. Und wenn ein abgebauter Windkraftturm keine neue Verwendung findet, können alle Materialien recycelt werden, sagt Schmidt. Sogar die Rotorblätter werden geschreddert und für die Betonherstellung verwendet.

Nach maximal 30 Jahren muss ein Windkraftturm ausgetauscht werden. "Dann ist das Fundament erschöpft, das die Kräfte, wie zum Beispiel die Auslenkung der Gondel um mehr als einen Meter, aufnimmt", erklärt Schmidt. Die Genehmigung gilt in der Regel für 20 Jahre, danach kann sie um weitere fünf bis zehn Jahre verlängert werden.

Im Hunsrück, der Vorreiterregion für Windkraft, stößt Eder inzwischen häufiger auf Gemeinden, die keine weiteren Anlagen errichten wollen und darauf hinweisen, dass sie bereits zu 100 Prozent mit Strom versorgt sind, berichtet sie. "Aber wir haben immer noch Industrie und Städte."

Die Höhenwind-Park GmbH plant auf jeden Fall weitere Anlagen. Derzeit betreibt sie 17 Windkraftanlagen, während 3 abgebaut wurden und durch leistungsfähigere

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Datum: 07.06.2023
Rubrik: Gesellschaft
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