
Die Opposition verschärft schon zum Wochenbeginn ihre Kritik an Innenminister Roger Lewentz
Dreyer erwartet von Lewentz Klärung offener Fragen
Mainz (dpa/lrs) - Nach dem späten Auftauchen von Polizeidokumenten zur Nacht der Flutkatastrophe im Ahrtal erwartet Ministerpräsidentin Malu Dreyer Aufklärung von Innenminister Roger Lewentz (beide SPD). Dreyer erwarte, «dass die offenen Fragen vom Innenminister geklärt werden», antwortete die Staatskanzlei in Mainz am Montag auf eine Anfrage der Tageszeitung «Die Rheinpfalz». Regierungssprecherin Andrea Bähner sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Sie geht davon aus, dass die offenen Fragen geklärt werden.» Bei der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer kamen im Ahrtal mindestens 134 Menschen ums Leben.
Die Ministerpräsidentin habe «keine eigenen Erkenntnisse» zu einem Einsatzbericht von Hubschrauberpiloten der Polizei sowie zu erst kürzlich aufgetauchten Polizeivideos aus der Katastrophennacht vom 14. zum 15. Juli 2021, teilte die Staatskanzlei der Tageszeitung mit. Der schriftliche Lagebericht der Polizei über die Lage an der Ahr ging bereits in der Nacht der Katastrophe im Lagezentrum des Innenministeriums ein.
Dem Ressortchef Lewentz habe der Bericht in der Nacht aber nicht vorgelegen, betonte das Ministerium. Der Bericht sei ebenso wie die erst kürzlich aufgetauchten Polizeivideos vor drei Wochen dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Flutkatastrophe übermittelt worden.
Lewentz hatte vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, er habe in der Flutnacht kein vollständiges Lagebild gehabt. Er habe die nun aufgetauchten Filme erst im Untersuchungsausschuss Ende September gesehen. Von dem schriftlichen Bericht war in der Sitzung Ende September nicht die Rede. Die Polizei hat eingeräumt, die Filme zu spät an die Staatsanwaltschaft und den Untersuchungsausschuss übermittelt zu haben.
Der Obmann der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss des Landtags, Dirk Herber, warf Lewentz am Montag «Salami- und Vertuschungstaktiken» vor. «Es ist unerträglich, wie jeden Tag, scheibchenweise, neue Belege dafür bekannt werden, dass das Haus von Innenminister Lewentz am Flutabend sehr wohl über die katastrophale und lebensbedrohliche Lage an der Ahr Bescheid wusste.» Die Landesregierung müsse endlich alle Fakten auf den Tisch legen.
Der Einsatzbericht der Hubschrauberpiloten liegt auch der Staatsanwaltschaft Koblenz vor. «Eine E-Mail zur Übermittlung des Einsatzberichts der Hubschrauberbesatzung an das Lagezentrum beim Innenministerium befindet sich bei den Akten», teilte die Behörde am Montag mit. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei die Mail nach Mitternacht versandt worden.
Laut Staatsanwaltschaft wurde der Einsatzbericht Ende August vergangenen Jahres vom Landeskriminalamt (LKA) gesichert. Er wurde demnach ausgedruckt und zusammen mit weiteren Unterlagen am 9. Dezember 2021 der Staatsanwaltschaft vorgelegt und dort zu den Akten genommen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit mehr als einem Jahr gegen den früheren Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), und einen weiteren Verdächtigen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Pföhler wies die Vorwürfe zurück.
Der Landtag wird am kommenden Mittwoch über einen Antrag von CDU und Freien Wählern zur «Rolle und unmittelbaren Verantwortung des Innenministers Roger Lewentz im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe 2021» debattieren. Am Freitag tagt dann der Untersuchungsausschuss. Auf der Zeugenliste stehen 16 Polizisten, darunter Mitglieder der Polizeihubschrauberstaffel sowie mehrere leitende Beamte.
Foto: Hannes Albert/dpa
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