Städte bereiten sich intensiv auf möglichen Ernstfall Blackout vor

Die Ursache für einen Blackout könnte nicht nur eine Gasmangellage sein

Städte bereiten sich intensiv auf möglichen Ernstfall Blackout vor

Mainz (dpa/lrs) - Die Vorbereitung auf einen möglichen Blackout - einen großflächigen und länger andauernden Stromausfall - ist beim Städtetag Rheinland-Pfalz derzeit ein großes Thema. «Und es ist ein sehr komplexes Thema, wenn man überlegt, was alles damit zusammenhängt», erklärt die Geschäftsführende Direktorin Lisa Diener im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Die Ursache für einen Blackout könnte nicht nur eine Gasmangellage sein - dieses Szenario hat die Diskussion noch vor ein paar Monaten bestimmt. Die Stromversorgung könne etwa durch Unwetter, menschliches Versagen und veraltete Anlagen gefährdet werden. «Und immer größer wird das Risiko von Cyberangriffen», sagt Diener. «Die Krisenvorsorge ist vergleichbar mit dem Versicherungswesen: Man schließt eine Versicherung ab und hofft, dass man sie nie braucht.»

Auch wenn ein Blackout nach Einschätzung der Bundesregierung sehr unwahrscheinlich ist, treiben die Städte in Rheinland-Pfalz ihre Vorbereitungen für den Ernstfall nach Angaben Dieners sehr intensiv voran. Zu den Vorreitern zählten Speyer, Koblenz, Kaiserslautern und Pirmasens.

Ganz wichtig bei der kommunalen Krisenvorsorge ist nach ihrer Einschätzung eine gute Kommunikation mit der Bevölkerung. So wurden beispielsweise in einigen Städten die Menschen mit Flyern in den Briefkästen informiert, wie sie sich im Falle eines Blackouts verhalten und mit welchen Vorräten sie sich eindecken sollten.

Von großer Bedeutung sei zudem der Kontakt zu den Betreibern der kritischen Infrastruktur wie Wasserversorgung sowie Abwasser- und Müllentsorgung, aber auch zu ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Bei der Krisenvorsorge muss sich laut Diener eine kommunale Verwaltung ebenfalls fragen, welche Dienstleistungen auch im Krisenfall noch angeboten werden müssen und welche neuen Aufgaben hinzukommen.

In allen Städten gebe es Planungen für den Aufbau von Anlaufstellen, um in einem Blackout die Menschen mit Erstinformationen versorgen zu können und ihnen die Möglichkeit zu geben, Notrufe abzusetzen. Es müsse damit gerechnet werden, dass bei einem Stromausfall das Handynetz binnen kurzer Zeit - vielleicht 15 bis 20 Minuten - zusammenbreche. Und an diesen Kontaktstellen könne dann auch der Einsatz ehrenamtlicher Helfer koordiniert werden.

Auch müsse daran gedacht werden, dass im Fall der Fälle Menschen evakuiert werden müssten, wenn ihre lebenserhaltenden medizinischen Geräte zu Hause ohne Strom nicht mehr funktionierten. «In den Evakuierungsplanungen sind meistens Hallen mit Notstromversorgung und ärztlicher Grundversorgung vorgesehen, in denen man einige Menschen ein paar Tage unterbringen kann», erklärt Diener.

Auch Gespräche der Stadtverwaltungen mit Lebensmittel- und Einzelhändlern, um etwa eine geordnete Abgabe von Nahrungsmitteln zu organisieren, gehören zu den Vorbereitungen. Kontakte gibt es beispielsweise auch zu Betreibern von Tankstellen. Geklärt werden muss laut Diener auch: Was passiert mit Pendlern und Touristen, die sich in der Stadt aufhalten und wegen des Blackouts stranden? Wo bringt man sie unter? Was ist mit den Kindern in Schulen und Kitas, deren Eltern ebenfalls gestrandet sind und die erst einmal in der Schule oder der Kita bleiben müssen, bis die Eltern sie abholen können.

«Das ist nicht alles Aufgabe der Kommune, aber man sieht, wie vielseitig die Problematik ist», erklärt Diener. «Wichtig ist es, das Thema schon in der Vorbereitung anzupacken und sich nicht von dieser großen Komplexität abschrecken zu lassen.»

Doch die Städte könnten nicht alles abfedern, wenn nicht auch die Verantwortlichen für die kritische Infrastruktur und die Bevölkerung Eigenvorsorge betrieben. Die Kommunen könnten im Krisenfall keine Pflege- und Senioreneinrichtungen oder landwirtschaftliche Betriebe mit Notstromaggregaten versorgen. «Alles, was nicht vorgesorgt wurde, wird fehlen», mahnt Diener. «Die Erwartungshaltung der Bevölkerung und der Betreiber solcher Einrichtungen entspricht weder der Rolle der Städte noch ihren Möglichkeiten. Hier sind auch das Land, die jeweiligen Kammern und Verbände gefragt, zur Sensibilisierung beizutragen.»

Auch wenn viele Aufgaben in einem Krisen- oder Katastrophenfall in die Verantwortung der Kommunen fallen, ist die Gefahr eines Blackouts auch auf Landesebene ein Thema. Das Innenministerium verweist beispielsweise darauf, dass die Notstromaggregate der Polizeidienststellen und Justizvollzugsanstalten regelmäßig getestet werden und einsatzbereit sind. Die JVAs bereiteten mögliche Evakuierungen oder Teilschließungen «und als letzten Ausweg auch die erforderliche Prüfung etwaiger Entlassungen» von Insassen vor, sollte bei einem Blackout auch ein Notstromaggregat keinen Strom mehr liefern. Die Polizei bleibe über verschiedene Kommunikationskanäle sowie den Notruf für die Bürgerinnen und Bürger erreichbar.

Die Landesregierung funktioniert derzeit nach Angaben des Wirtschaftsministeriums die ehemaligen analogen Funknetze des Rettungsdienstes zu einem Notfunksystem um. Es soll «unempfindlich gegen Cyberangriffe und über eine sehr lange Zeit ohne öffentliche Stromversorgung» betrieben werden können.

Da bei allen Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten, wenn auch in begrenztem Umfang, noch analoge Funktechnik vorhanden sei, werde mit diesem Notfunksystem eine Kommunikation zwischen den «ortsfesten Führungsstellen der Gefahrenabwehr» sichergestellt, erklärte das Ministerium weiter. Hierzu zählten vor allem die Integrierten Leitstellen, die Informations- und Kommunikationszentralen des Katastrophenschutzes sowie die Feuerwehreinsatzzentralen. Innerhalb der Landkreise und Gemeinden sollen diese eigenverantwortlich für eine krisensichere Kommunikation sorgen.

Regionale News aus Koblenz

Datum: 17.01.2023
Rubrik: Gesellschaft
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