800 Euro Bußgeld für Datenverstoß auf der Autobahn

 

800 Euro Bußgeld für Datenverstoß auf der Autobahn

2.000 Euro Bußgeld für eine Arztpraxis, ein Täuschungs-Verdacht beim Abitur und ein Datenverstoß auf der Überholspur: Der Datenschutzbeauftragte hat sich mit einer Reihe kurioser Fälle befasst.

Mainz (dpa/lrs) -

Eine frühere Patientin bekommt nach mehr als zehn Jahren eine Honorarabrechnung vom Arzt, ein Abiturient soll nach der mündlichen Prüfung seinen Lehrern einen Chatverlauf auf seinem Tablet offenbaren - und ein verärgerter Autofahrer zeigt auf der Autobahn Frankfurt-Köln einem anderen nicht nur den Mittelfinger, sondern auch dessen Fahrzeughalter-Daten. 

Der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Dieter Kugelmann, und seine Mitarbeiter waren 2024 nicht nur mit einem Beschwerden-Rekord befasst, sondern auch mit zahlreichen kuriosen Fällen. Fünf Beispiele:

2.000 Euro Bußgeld für die Praxis: 

Das Bußgeld wurde aus mehreren Gründen fällig. Die Praxis im Kreis Ahrweiler hätte die digitalen Patientendaten zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung löschen müssen. Die Frau, die die Honorarabrechnung bekam, war zudem mit einer anderen Patientin mit ähnlichem Namen verwechselt worden. Und: Die vermeintlich ausstehende Abrechnung kam von einem externen Abrechnungsunternehmen, es gab aber keine Einwilligung der Frau. 

Täuschungsverdacht im Abitur:

Eine Mainzer Schule verlangte nach einer mündlichen Prüfung Einsicht in den Browserverlauf des Tablets des Abiturienten. Die Eltern des Prüflings sahen darin aber einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ihres Kindes und widersprachen. Das Gerät habe jedoch kontrolliert werden dürfen, weil lediglich die schulische Nutzung des schuleigenen Tablets gestattet war. 

Entscheidend bei dieser Frage sei, ob die Schule die private Nutzung erlaube oder nicht, betonte der Datenschutzbeauftragte. Diese zu untersagen werde allerdings schwierig, wenn Schüler das Tablet selbst kaufen müssten. Ob der Abiturient überhaupt mit Hilfe seines Tablets einen Betrugsversuch unternommen hat, wusste der Datenschutzbeauftragte nicht.

Datenschutzverstoß auf der Autobahn-Überholspur: 

«Zwei Autofahrer fahren nebeneinander und finden sich nicht sehr sympathisch», beschreibt die stellvertretende Datenschutzbeauftragte Daniela Franke den Ausgangspunkt. Die Folge ist ein Bußgeld in Höhe von 800 Euro. 

Der eine Fahrer zeigt dem anderen auf der A3 im Norden von Rheinland-Pfalz ein Peace-Zeichen, der andere reagiert mit dem Mittelfinger. Aber nicht nur damit: Als der Verkehr stockt, präsentiert er dem anderen Fahrer durch die Scheibe eine Abfrage beim Zentralen Verkehrsinformationssystem mit dessen genauen Daten. Die hatte er aber nicht legal erlangt, sondern von einem ihm bekannten Mitarbeiter der Zulassungsstelle, den er aus Ärger über den Fahrer während der Fahrt angerufen hatte. «Nach dem Motto: Ich weiß, wer Du bist», sagte Franke. 

Das ließ sich der Fahrer mit dem Peace-Zeichen, ein Polizeibeamter, nicht gefallen und wandte sich an den Datenschutzbeauftragten. Zahlen musste der Beschäftigte der Zulassungsstelle. Der Mittelfinger war dagegen kein Fall für die Behörde. 

Beerdigungstermin der Mutter:

Eine Frau wollte von einem Beerdigungsinstitut im Raum Kaiserslautern das Datum der Beerdigung ihrer Mutter erfahren. Der Bruder der Frau hatte die Weitergabe der Daten aber untersagt und das Bestattungsinstitut berief sich bei seiner Weigerung gegenüber der Tochter daher auf den Datenschutz. 

Der Landesdatenschutzbeauftragten konnte der Tochter aber die gewünschten Informationen auch nicht geben, weil sie zwar Anspruch auf ihre eigenen Daten, nicht aber auf die ihrer Mutter habe. 

Grundsätzlich fielen Daten von Verstorbenen allerdings auch nicht unter die Datenschutz-Grundverordnung. Das Bestattungsinstitut habe sich daher nicht auf das Datenschutzrecht berufen können. Der Tochter sei dennoch nur der zivilrechtliche Weg geblieben, um an die gewünschte Information zu kommen. 

Ungebetener Hausbesuch bei jungen Eltern:

Frischgebackene Eltern im Kreis Kusel bekamen kurz nach der Geburt ein Schreiben mit Informationsangeboten für junge Eltern und der Ankündigung eines kostenlosen Hausbesuchs eines Vereins. Wollten Eltern diesen Besuch nicht, mussten sie ihn absagen. Die Briefe kamen von der Kreisverwaltung und hatten auch das Ziel, Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung zu erhalten. 

«Gut gemeint, aber rechtswidrig», stellt der Datenschutzbeauftragte fest. Die Datenübermittlung vom Meldeamt an die Kreisverwaltung sei nicht rechtens. Die Eltern erfuhren auch nicht, wie die Kreisverwaltung an ihre Daten gekommen war und hatten darüber hinaus keine echte Wahlmöglichkeit, ob sie eine Beratung wünschten oder nicht. «Schließlich wurde der eigentliche Anlass des Hausbesuchs - der Kinderschutz - verschleiert», kritisiert die Behörde. 

Die Meldeämter übernehmen jetzt den Versand der vom Jugendamt vorgefertigten Schreiben. Auch der Text wurde überarbeitet: Und die Eltern können selbst entscheiden, ob sie einen Beratungstermin wollen oder nicht. 

Beschwerden auf Rekord-Niveau:

Der Höchststand von 1.111 Beschwerden im Jahr 2024 werde voraussichtlich im laufenden Jahr noch übertroffen, sagte Kugelmann. Zur Jahresmitte seien es bereits 666 und damit etwa 24 Prozent mehr gewesen als im Vorjahreszeitraum. 

Auch bei den Datenpannen lägen mehr Meldungen vor, der Anstieg betrage gegenüber dem Vorjahreszeitraum etwa 20 Prozent (auf 974). «Die Leute nehmen ihre Rechte wahr und kommen zu uns, wenn sie glauben, es läuft etwas nicht rund», sagte Kugelmann. Der Anstieg sei mit anderen deutschen Datenschutzbehörden vergleichbar.

dpa

Bild: Der oberste rheinland-pfälzische Datenschützer Dieter Kugelmann hat von Jahr zu Jahr mehr Fälle auf dem Schreibtisch. | Ira Schaible/dpa

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Datum: 27.08.2025
Rubrik: Lokales
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