
Zahl der Rechtsextremisten im Saarland nimmt zu
Der Verfassungsschutz im Saarland hat seinen Jahresbericht für 2024 vorgestellt. Der Innenminister betrachtet einige Entwicklungen mit großer Sorge.
Saarbrücken (dpa/lrs) -
Der Rechtsextremismus bildet nach Einschätzung des saarländischen Innenministers Reinhold Jost (SPD) «mit Abstand die größte Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Land». Das geht aus dem neuen Verfassungsschutzbericht hervor, den er mit Behördenleiter Ulrich Pohl in Saarbrücken vorstellte.
Demnach hat sich die Zahl der erkannten und vermuteten Rechtsextremisten im Saarland von etwa 340 im Jahr 2023 auf rund 370 Personen zum Jahresende 2024 erhöht. Zehn Prozent von ihnen stuft der Verfassungsschutz als gewaltorientiert ein. Ebenso wie bei den Reichsbürgern, deren Zahl von 220 auf rund 280 gestiegen sei.
Kaum verändert hätten sich die Strukturen und das Erscheinungsbild des organisierten und gewaltorientierten Linksextremismus im vergangenen Jahr gegenüber 2023. Mit etwa 250 Personen sei das Gesamtmitgliederpotenzial konstant geblieben.
Junge Menschen werden radikaler
Besorgt zeigte sich Jost über die Radikalisierung vor allem auch junger Menschen über das Internet. Auch im Saarland gebe es Online-Gruppen, die sich zu realen Aktionen träfen und sich an Protesten «gegen die vermeintlich Schuldigen für gesellschaftliche Schieflagen beteiligen und sie teilweise sogar initiieren». Dabei gehe es etwa gegen Ausländer – vor allem gegen Muslime – und gegen queere Menschen, etwa am Christopher Street Day.
«Wir sehen einen Entwicklungsprozess, der sich zu einer Radikalisierungs-Spirale entwickeln könnte», sagte Jost. Die Aktionen lösten zugleich Reaktionen in der linksextremistischen Szene aus, die Gewaltorientierung auf beiden Seiten nehme zu. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, habe man bereits sicherheitspolitische Maßnahmen getroffen. Unter anderem sei der Verfassungsschutz um 10 auf rund 100 Stellen aufgestockt worden.
Mit Hilfe dieser Experten - vor allem IT-Experten - sei man laut Behördenleiter Ulrich Pohl in der Lage, «rechtzeitig zu detektieren, um zu erkennen, wenn sich Problemlagen verdichten und dann auch entsprechend gegensteuern zu können». Darüber hinaus sollen nach Aussage des Innenministers auch sozialpolitisch geprägte Maßnahmen gegen wirken. So arbeite der Verfassungsschutz beim Präventions- und Deradikalisierungsnetzwerk «PuDiS» mit.
Der Chef des saarländischen Verfassungsschutzes, Ulrich Pohl, sieht vor allem Gefahren durch den IS. (Archivbild) | Katja Sponholz/dpa
Rechtsextreme Szene im Wandel
Nach Einschätzung von Ulrich Pohl befinde sich die rechtsextreme Szene im Wandel. «Die rechtsextremistischen Aktivisten orientieren und sortieren sich neu», sagte er. Sie seien nicht mehr so sehr in den klassischen Strukturen zu finden, sondern eher «aktionserlebnisorientiert», mit schnelllebigen Zusammenkünften, «die manchmal sehr dynamisch sind und sehr mobilisierungsfähig».
Im rechten Parteienspektrum gebe es mit «Der III. Weg» eine neue Partei, die 2024 einen deutlichen Aufschwung erlebt habe. Aktuell verzeichne sie nur eine niedrige zweistellige Personenzahl, man gehe jedoch davon aus, dass sie sich weiter etabliere und ihren Aktionsradius «signifikant ausweiten» werde.
Die AfD nehme aufgrund ihrer Mitgliederzahl, der medialen Aufmerksamkeit und der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung eine besondere Rolle ein. Dabei fiel den Verfassungsschützern auf, dass es 2024 wiederholt Veröffentlichungen und Beiträge in den sozialen Medien gab, in denen sich die AfD im Saarland mit den völkisch-nationalen Strömungen innerhalb der Gesamtpartei und anderen Akteuren der Neuen Rechten solidarisierte.
Terrorgefahr durch IS unverändert
Im polizeilichen Sinne die größte Gefahr für die Sicherheit in Deutschland gehe vom Islamismus aus. Mit 430 Personen sei die Zahl der Anhänger im Saarland auf dem Vorjahresniveau geblieben. Von zentraler Bedeutung für die Terrorismusgefahr bleibe insbesondere der sogenannte Islamische Staat (IS). Jederzeit könne es zu «gefährdungsrelevanten Ereignissen bis hin zu terroristischen Anschlägen» kommen, sagte der Behörden-Chef. Dabei sehe man das höchste Risiko jedoch nicht mehr durch langfristig geplante, komplex zu organisierende Anschläge, sondern durch Einzeltäter und Kleingruppen.
dpa
Bild: Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) betrachtet die Zunahme der Gewaltorientierung mit Sorge. (Archivbild) | Oliver Dietze/dpa
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