
Trotz gestiegener Produktionspreise sinkt der Erlös für ihre Ware
Konkurrenz und Kostendruck: Kartoffelbauern in der Klemme
Neustadt (dpa/lrs) - Hohe Kosten, niedrige Preise - diese Kombination setzt den Kartoffelbauern in Rheinland-Pfalz zu. «Da sind teilweise die Nerven am Ende», sagt Andrea Adams, Geschäftsführerin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd. Das liegt aber nicht an sinkender Nachfrage: Während vor Ort angebaute Kartoffeln erntereif wurden, sei im Einzelhandel oftmals deutlich günstigere Ware aus dem Ausland angeboten worden - «teils zu Dumpingpreisen», berichtet sie. Hinzu kämen gestiegene Kosten für Bauern, während die Erlöse niedriger ausfielen als im Vorjahr, heißt es bei der Erzeugergemeinschaft «Pfälzer Grumbeere».
Die Pfalz und Rheinhessen sind den Angaben zufolge die größten zusammenhängenden Anbaugebiete für Frühkartoffeln in Deutschland. Mit rund 4000 Hektar liegt die Anbaufläche 2022 auf Vorjahresniveau. Die Erntemenge von 2000 Tonnen an Spitzentagen liege dagegen deutlich unter dem Standard von normalen Saisons, in denen über Wochen täglich bis zu 3000 Tonnen Frühkartoffeln geerntet würden.
Gleichzeitig sind die Kosten gestiegen: «In Erwartung fairer Preise und einer verlässlichen Ernteabnahme haben die Erzeuger von "Pfälzer Grumbeere" inflationsbedingte Kostensteigerungen von rund 30 Prozent vorfinanziert», sagt der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft, Hartmut Magin. Während Verbraucherpreise für Speisekartoffeln weitgehend auf dem Niveau des Vorjahres lägen, würden für 100 Kilogramm Kartoffeln fünf Euro weniger gezahlt als im Jahr 2021. «Die Kombination aus höheren Kosten, deutlich weniger Erntemengen und geringeren Erlösen führen zu einer unbefriedigenden Ertragssituation.»
Parallel zur Frühkartoffelernte seien große Mengen ausländischer Kartoffeln auf den Markt gekommen, wodurch für Kartoffelbauern in Rheinland-Pfalz ein Preisdruck entstanden sei. Anders als in den Vorjahren hätten nicht alle Anbieter im Lebensmitteleinzelhandel von ausländischer Ware auf die traditionell ersten Frühkartoffeln aus deutschem Anbau umgestellt.
Thomas Scherer vom Handelsverband Rheinland-Pfalz verweist auf die derzeitige Nachfragesituation: «Wir haben gesehen, dass viele Kunden auf günstige Produkte gesetzt haben.» Dies hänge auch mit gestiegenen Energiepreisen, Inflation und dem Krieg in der Ukraine zusammen. Die «Pfälzer Grumbeere» verortet Scherer als eine Spezialität im Lebensmittelmarkt: «Gerade der Spezialitätenbereich hat stark unter der Verunsicherung der Verbraucher gelitten». Dabei verweist er auf eine Erhebung des Instituts für Handelsforschung in Köln (IFH), nach der Stand Frühjahr 2022 rund 27 Prozent der Verbraucher auf Spezialitäten und Delikatessen verzichten würden. Dies spiegele sich auch im Angebot der Händler wider.
Die Folge: «Dieses Jahr kommt vieles auf einmal: eine schlechte Saison, Trockenheit und hohe Energiepreise. Daher haben viele auch Existenzängste», sagt Andrea Adams zur derzeitigen Lage. Davon seien auch andere Bereiche der Landwirtschaft betroffen.
In einem Brief appelliert die Erzeugergemeinschaft an Marktpartner und warnt vor einer «Abhängigkeit vom Ausland», falls Anbauer in Deutschland ihre Produktion einstellen müssten. Dabei sei auch die Frage nach Nachhaltigkeit und CO2 Bilanz zu stellen, «wenn Kartoffeln aus Asien und Afrika Tausende Kilometer zu uns transportiert werden, während die Erzeuger vor Ort auf ihrer Ernte sitzen bleiben».
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