Rheinland-Pfalz kommt in der Energiewende kaum voran

Die Regierung habe die Zeit verschlafen, wird kritisiert

Rheinland-Pfalz kommt in der Energiewende kaum voran

Von Frank Rumpenhorst (Foto) und Peter Zschunke (Text), dpa

Begeisterung gab es im Mai 2021 in der Windkraft- und Photovoltaik-Branche über die ehrgeizigen Ausbauziele der Landesregierung. Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt. Die Regierung habe die Zeit seitdem verschlafen, wird kritisiert.

Mainz (dpa/lrs) - Eineinhalb Jahre nach dem Start der zweiten Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz ist eines ihrer wichtigsten Vorhaben kaum noch zu verwirklichen. «Die Ausbauziele von jeweils 500 Megawatt jährlich bei Windkraft und Photovoltaik werden wir in keinem Jahr dieser Legislaturperiode erreichen», sagt die Geschäftsführerin des Landesverbands Erneuerbare Energie, Gabriele Rau.

Die im Koalitionsvertrag vom Mai 2021 verankerten Ziele sollen dazu führen, dass die Stromerzeugung bis 2030 vollständig von erneuerbaren Energien abgedeckt wird. Damals sei der Branchenverband begeistert gewesen - «wir hatten den Eindruck, dass die neue Landesregierung verstanden hat, um was es geht», erinnert sich Rau im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Aber man hat eineinhalb Jahre einfach verschlafen.»

In diesem Jahr wurden von Januar bis September nach Angaben der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) 13 Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz in Betrieb genommen, mit einer Leistung von insgesamt 53 Megawatt. Das sind 72,8 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 16 Windräder mit 60 Megawatt. Andere Länder wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfallen haben in diesem Jahr deutlich höhere Windkraftkapazitäten aufgebaut.

Die Nutzung der Sonnenenergie kam zuletzt etwas schneller voran. In der ersten Jahreshälfte wurden nach Angaben des Klimaschutzministeriums 8847 Photovoltaik (PV)-Anlagen mit einer Leistung von zusammen 170,6 Megawatt neu installiert. Aber auch hier bleibt der Ausbau voraussichtlich unter der 500-Megawatt-Messlatte.

«Ob die Ziele bis 2030 erreicht werden können, kann derzeit aufgrund bestehender Hemmnisse, auf die das Land keinen Einfluss nehmen kann, nicht abgeschätzt werden», antwortet eine Sprecherin des Klimaschutzministeriums auf die Kritik des Verbands. «Wir gehen jedoch immer noch von einer Zielerreichung aus.» Das Ministerium setzt dabei auf die vierte Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) mit kürzeren Mindestabständen zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen sowie auf eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, die künftig bei den beiden Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) angesiedelt werden sollen.

Auf einen «dreifachen Wumms in der Klimapolitik» hofft der Grünen-Fraktionsvorsitzende Bernhard Braun - bei Windkraft, Photovoltaik und bei der Nutzung von Landesimmobilien für erneuerbare Energien. «Wir müssen in den nächsten Jahren den angestrebten Zubau von jährlich 500 Megawatt deutlich übertreffen», sagt Braun. «Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen.»

Dann aber müsste es schon jetzt eine höhere Zahl von Genehmigungen geben, erwidert Rau. Schließlich dauere es nach der Genehmigung noch ein bis zwei Jahre, bis ein Windrad errichtet sei. In Rheinland-Pfalz genehmigt, aber noch nicht gebaut sind nach Angaben der FA Wind 90 Windräder mit einer Leistung von 388 Megawatt.

«Warum man sich so schwer tut in Rheinland-Pfalz, weiß ich nicht», sagt die Geschäftsführerin des Landesverbands Erneuerbare Energie. Sie habe Verständnis für Verzögerungen aufgrund der personellen Wechsel an der Spitze des Klimaschutzministeriums oder wegen der Herausforderungen nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. «Aber man hätte sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien von Anfang an anders aufstellen müssen.»

Die für den Bau von Windkraftanlagen ausgewiesene Fläche hat mit
31 677 Hektar einen Anteil von 1,6 Prozent der Fläche des Bundeslands. Davon waren zum vergangenen Jahreswechsel 39,4 Prozent noch frei, wie aus einem Bericht des Kooperationsausschusses von Bund und Ländern zu den erneuerbaren Energien hervorgeht. Auffallend zurückhaltend sind einige Regionen im Norden, etwa im Kreis Neuwied.

«Wir müssen alle Flächen nutzen, die für erneuerbare Energien in Frage kommen», sagt Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne). «Nur so können wir unsere Erde vor einem Klimakollaps bewahren.»

 

Foto: Frank Rumpenhorst/dpa: "Zahlreiche Windräder stehen auf den Hügeln zwischen den Äckern im Landkreis Alzey-Worms."

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Datum: 13.11.2022
Rubrik: Vermischtes
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