Mord verjährt nicht - Neue Ermittlungsansätze bei Cold Cases

Ältester Fall bereits 45 Jahre alt

Mord verjährt nicht - Neue Ermittlungsansätze bei Cold Cases

Mainz (dpa/lrs) - Die Aufklärungsquote bei Mord und Totschlag in Rheinland-Pfalz ist hoch - doch einige Fällen sind auch nach Jahrzehnten noch offen. Meist steht in diesen sogenannten Cold Cases die Identität der Opfer nicht fest oder sie wurde erst Jahre nach der Tat geklärt. Doch Mord verjährt nicht. Der älteste Fall ist schon fast 45 Jahre alt. Die Leiche eines Mannes wurde am 30. April 1978 am Rheinufer bei Leubsdorf (Kreis Neuwied) gefunden. Wahrscheinlich stammte der Unbekannte aus Polen und war Saisonarbeiter.

Dank moderner Technik gibt es manchmal nach vielen, vielen Jahren unerwartet neue Spuren, wie im Fall der 1989 in Trier ermordeten Beatrix Hemmerle. «Aktuell werden damals erfasste Personen gebeten, freiwillig DNA abzugeben», berichtet der Sprecher des Landeskriminalamts, Pascal Widder. Erste DNA-Reihentests in den vergangenen zwei Jahren hätten noch kein Ergebnis gebracht.

Der noch ungelöste Fall einer vor zwei Jahren in Kaiserslautern entdeckten toten Frau aus Ungarn zählt dagegen nicht als Cold Case, «weil er noch Gegenstand in einem aktuellen Ermittlungsverfahren ist», wie LKA-Sprecherin Dagmar Meyer erläuterte.

Nach 26 Jahren haben Ermittler der Kriminaldirektion Trier und die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach die Identität eines Mannes geklärt, dessen Leiche am 3. März 1994 in der Nähe einer Schutzhütte in Idar-Oberstein gefunden worden war. Der damals 46 Jahre alte aus Polen stammende Aussiedler Ryszard Gorczyca ist der Rechtsmedizin zufolge einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen.

Drei Waldarbeiter fanden den Toten in einem Waldstück - verpackt in einem Bundeswehrschlafsack und blauen Müllsäcken, wie es im Polizeibericht heißt. Todeszeitpunkt war danach zwischen Oktober 1993 und März 1994. «Der Verstorbene lebte bis 1989 in Danzig und siedelte anschließend mit seiner Familie in den Raum Idar-Oberstein aus», heißt es im Polizeibericht.

Völlig unklar ist dagegen nach wie vor, wer der Tote ist, den ein niederländischer Lkw-Fahrer am 22. Januar 2002 im Schnee an einer Böschung an der Autobahn 60 in Richtung Bitburg entdeckt hat. Der Mann wurde mit mehreren Schüssen auf Kopf und Körper getötet. Fest steht nur, dass der Fundort in der Nähe des Rastplatzes Schneifel Ost auch der Tatort war, weil viel Blut und die Patronenhülsen zu sehen waren.

Ebenso ungeklärt ist der gewaltsame Tod einer 30 Jahre alten gehörlosen Prostituierten aus Köln. Die Frau war am 29. Dezember 2002 zuletzt auf dem Straßenstrich in Bonn-Endenich gesehen worden, als sie in ein Auto stieg. Wenige Tage später - am 1. Januar - wurde ihre Leiche etwa 150 Kilometer in der Nähe von Schweich entdeckt. Sie lag nur noch mit Unterwäsche, einem T-Shirt und Socken bekleidet - im Gebüsch neben einem Parkplatz an einer Landstraße bei Trier.

Keine neuen Erkenntnisse gibt es auch im Fall einer Toten, die am 7. August 1991 auf dem mittleren Fahrstreifen der Autobahn Frankfurt-Köln (A3) gegenüber der Rastanlage Fernthal in der Nähe von Neustadt (Wied) gefunden wurde. Die Identität der Frau ist ungeklärt, genauso wie die Umstände, die ihrem gewaltsamen Tod geführt haben.

Wer den Mann getötet hat, dessen Skelett im April 2008 bei Rodungsarbeiten in der Nähe der Autobahnanschlussstelle Klein-Winterheim (A 63) nahe Mainz gefunden wurde, steht ebenfalls nicht fest. Die Leiche des Mannes ist nach Darstellung der Polizei vermutlich zwischen 1994 und 2000 an der Fundstelle abgelegt worden. Der Mann soll zum Zeitpunkt seines Todes 36 bis 42 Jahre alt gewesen sein. Trotz einer Gesichtsrekonstruktion konnte seine Identität nicht geklärt werden.

Ein 59 Jahre alter Obdachloser wurde im März 2018 auf dem Koblenzer Hauptfriedhof tot gefunden. Auch er wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Obwohl die zeitweilig 35-köpfige Sonderkommission «Hauptfriedhof» mehr als 1250 Spuren und Hinweise ausgewertet hat, fehlt von dem oder den Tätern jede Spur. «Derzeit sind noch mehrere Ermittlungsspuren in Bearbeitung», sagt LKA-Sprecher Widder.

Der ungeklärte gewaltsame Todesfall der amerikanischen Studentin Amy Lopez aus dem Jahr 1994 ist auch nicht vergessen. Die damals 24 Jahre alte Texanerin hatte von ihrem Vater eine Europareise geschenkt bekommen und soll beim Aufstieg zur Festung Ehrenbreitstein über Koblenz auf einen Sexualmörder gestoßen sein. «Der Fall wird seitens eines regionalen Verlags auch auf dessen Initiative medial aufbereitet», berichtet Polizeisprecher Jürgen Fachinger. Die Polizei erhofft sich von der Veröffentlichung auch nach so einer langen Zeit Hinweise oder neue Ermittlungsansätze.

Foto: picture alliance / dpa

Berichterstattung regional und aktuell aus Koblenz und der Region Mittelrhein.

Datum: 04.01.2023
Rubrik: Blaulicht
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