Aufbau im Ahrtal: Freiwillige sanieren Fachwerkhäuser und Co.

300 junge Freiwillige helfen mit

Aufbau im Ahrtal: Freiwillige sanieren Fachwerkhäuser und Co.

Bad Neuenahr-Ahrweiler (dpa/lrs) - Rund um das kleine Fachwerkhaus in Ahrweiler arbeiten zahlreiche junge Menschen, sie sägen, hämmern und verputzen. Julie Kossmann steht neben dem Fachwerkhaus auf dem Bürgersteig und beugt sich über ein großes Holzstück. Seit knapp zwei Wochen ist sie in der Stadt, um gemeinsam mit rund 300 jungen Freiwilligen historische Gebäude und Bauwerke zu restaurieren, die bei der Flutkatastrophe vor zwei Jahren zerstört wurden.

«Letzte Woche habe ich bei einem Fachwerkhaus, bei dem wir die Fassade ein bisschen schick machen, den Schornstein abgenommen von der Fassade. Und wir haben die Balken von Farbe befreit und gereinigt und geölt», erzählt sie. Diese Woche arbeitet sie schon am nächsten Haus, muss dafür Zapfenlöcher in hartes Eichenholz stemmen.

Doch trotz der schwülen Hitze auf dem Bürgersteig und der harten Arbeit freut sich Julie darüber, im Ahrtal helfen zu können. «Ich fand es damals so ein bisschen ein hilfloses Gefühl, weil man selbst als Schulkind halt nicht viel tun konnte», erinnert sich die 18-Jährige an die Flutkatastrophe. «Ich war halt auch noch zu jung, um einfach loszufahren. Deswegen ist es echt cool, dass wir jetzt hier im Plenum sind und gemeinsam alle da was dran ändern können.»

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren im Ahrtal mindestens 134 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte Menschen wurden verletzt, Tausende Häuser zerstört. Laut der Kreisverwaltung Ahrweiler gab es rund 40 000 Betroffene in etwa 9000 verwüsteten Gebäuden.

Organisiert wurde das Projekt von den Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). Man habe festgestellt, dass es in der Gegend «noch so viele Baustellen gibt, so viele historische Gebäude, die einfach super schlecht aussehen und überhaupt noch nicht angefasst wurden», sagte Projektleiterin Laura Haverkamp. Man wisse, dass Fachleute fehlten. «Noch krasser ist es für historische Bauten, weil man da ein bisschen mehr Hintergrundwissen braucht. Nicht jeder Zimmermann kann ein Fachwerkhaus wieder instandsetzen.»

Daraus sei die Idee entstanden, die aktiven und ehemaligen Beschäftigten im Freiwilligen Sozialen Jahr zusammenzubringen und in der Region beim Aufbau zu helfen. «Es ist für die Besitzer komplett kostenlos. Wir bringen Material mit, wir bringen Arbeitskräfte mit», sagte Haverkamp. Die Aktion sei über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz durch Spenden finanziert.

Und so haben die jungen Menschen zwei Wochen lang die Fugen der Stadtmauer erneuert, Holznägel angefertigt, Wände in Fachwerkhäusern verputzt und einen ausgetrockneten Bach von Schlamm und Dreck befreit. Sie waren an 17 Baustellen in Mayschoß, Dernau und Ahrweiler unterwegs. Im Bach fanden die Helferinnen und Helfer auch noch Überbleibsel der verheerenden Flutnacht: Ein weggespültes Fotobuch. Das konnten sie der Besitzerin im Fachwerkhaus nebenan wieder zurückgeben.

Solche Erlebnisse berührten auch die Freiwilligen. «Ich fand es sehr beeindruckend, die Geschichten zu hören», sagte Lina Menzel. Die 19-Jährige aus Greifswald arbeitete in der zweiten Woche am Putz eines Fachwerkhauses. «Ich glaube die sind richtig froh, dass hier was passiert.» Ihr Highlight seien die vielen Menschen, die vorbeikommen und einfach Danke sagen. «Das ist richtig schön.»

Das hat auch Julie Kossmann schon erlebt. «Wir wurden teilweise schon im Supermarkt angesprochen und uns wurde ein Eis ausgegeben, weil die Leute gar nicht genau wissen, wie sie ihre Dankbarkeit in Worte fassen können», sagte sie. Viele der Helferinnen und Helfer würden nächstes Jahr gerne wiederkommen - genug Arbeit gibt es. Doch noch ist unklar, ob das Projekt fortgesetzt werden kann. «Die Freiwilligen verabschieden sich alle mit "Bis nächstes Jahr"», sagte Haverkamp. «Mal sehen, das wissen wir noch nicht, ob wir das noch mal machen können, weil es tatsächlich eben spendenfinanziert ist.»

Foto: Thomas Frey/dpa

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Datum: 23.06.2023
Rubrik: Vermischtes
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