Kurt Beck: Freiwillige Lösung bei Wehrdienst «zu bevorzugen»

 

Kurt Beck: Freiwillige Lösung bei Wehrdienst «zu bevorzugen»

Der Koalitionsausschuss in Berlin will dieser Tage über das geplante neue Wehrdienstgesetz beraten. Wie sieht Ex-Ministerpräsident Beck die Debatte über einen Aufwuchs der Truppe?

Mainz (dpa/lrs) -

Der frühere SPD-Vorsitzende und ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, hat in der Debatte über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht zu Mäßigung aufgerufen. «Ich glaube, wir sollten da im wahrsten Sinne des Wortes verbal abrüsten und eine vernünftige Lösung miteinander wählen», sagte Beck der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Pflichtlösung dürfe erst am Ende eines gestuften Prozesses stehen. «Zunächst einmal sollten alle erfasst und gemustert werden - zunächst die Männer», meinte der 76-Jährige. Danach müsse entschieden werden, «ob genügend Freiwillige registriert werden, sodass man nicht auf eine Pflicht zurückgreifen muss». Die freiwillige Lösung sei «immer zu bevorzugen».

Grundgesetzänderung nicht im Vordergrund

Zugleich zeigte sich Beck offen für eine künftige Debatte über die Einbeziehung von Frauen: «Dann würde ich eine Diskussion über eine Veränderung des Grundgesetzes führen.» Das stehe derzeit aber nicht im Vordergrund.

Einen Automatismus, der zur Wehrpflicht führe, lehnt er ab. «Es ist aus meiner Sicht viel logischer, einen Schritt nach dem anderen zu gehen», sagte Beck. Nach seinen Informationen nehme die Zahl der Freiwilligen ohnehin wieder zu.

Eine «Auslosung» von Wehrdienstleistenden hält er für falsch. «Das hat so etwas von Zufälligkeit», sagte der frühere SPD-Vorsitzende. «Da weiß man am Ende nicht, wen man kriegt.» Eine gewisse Auswahl müsse es geben, «damit wir eine funktionsfähige Wehrpflichtarmee oder Freiwilligenarmee aufbauen».

«Jeder wusste, Aussetzen ist so gut wie Abschaffen»

Rückblickend sprach Beck von einem Fehler, den Wehrdienst auszusetzen. «Jeder wusste, Aussetzen ist so gut wie Abschaffen», sagte er. Die Gespräche seien jedoch vom damaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) «mit Arroganz abgeschmettert» worden.

Durch die Aussetzung sei eine Entfremdung zwischen Gesellschaft und Bundeswehr entstanden. «Wenn wir keine Kontakte haben, ist die Gefahr groß, dass Vorurteile wieder in den Vordergrund rücken», warnte Beck. Gelöbnisse sollten «mitten in der Gesellschaft, auf Plätzen in unseren Städten» stattfinden.

Verständnis für den Ärger vieler Kommunen

Zur aktuellen Standortpolitik sagte der ehemalige Ministerpräsident in Mainz, er verstehe den Ärger vieler Kommunen, wenn alte Kasernen wieder aktiviert würden. «Ein Hin und Her ist für alle Seiten schlecht.» Nötig seien «klare Entscheidungen und enge Kooperation mit den Städten».

Mit Blick auf die internationale Lage betonte Beck: «Ich glaube, dass Deutschland nicht auf einem falschen Weg ist.» Die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit sei richtig, auch wenn manches zu langsam gehe. Er warnte zugleich vor neuen atomaren Drohgebärden: «Das führt nur zu Hektik und verändert die Stimmungslage. Europa muss friedensfähig bleiben - mit Vernunft und Augenmaß.»

dpa

Bild: Kurt Beck war von 1994 bis 2013 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. (Archivbild) | Uwe Anspach/dpa

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Datum: 12.11.2025
Rubrik: Lokales
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