
Zahlreiche Kästen still
Kein Summen und Brummen von Bienen
Saarbrücken/Mayen (dpa/lrs) - Eigentlich sollte es summen und brummen vor den Bienenstöcken. Denn normalerweise sind Tausende von Bienen unterwegs, um Pollen und Nektar zu sammeln und damit auch den Nachwuchs zu versorgen. Doch in zahlreichen Kästen ist es still geblieben. «Viele Imker haben im Winter Völker verloren», sagt Susanne Meuser, Fachwartin Bienengesundheit beim Landesverband Saarländischer Imker. «Wir haben sogar Mitglieder mit Totalverlusten», bestätigt Verbandssprecher Markus Lay. Ein Großimker etwa sei mit 18 Völkern in den Winter gestartet, nur 5 hätten überlebt.
Auch Thomas Hock, Vorsitzender des Imkerverbandes Rheinland-Pfalz, spricht von «dramatischen Verlusten». Er schätzt den Anteil der gestorbenen Völker auf etwa 30 Prozent - ebenso wie Susanne Meuser. Normal seien 8 bis 13 Prozent.
Uneins sind sich die Experten, was das Bienensterben zu Beginn dieses Jahres verursacht haben könnte. Nach Meinung von Christoph Otten, Leiter des Bieneninstituts Mayen, hätten die Varroamilbe - ein Parasit - und das Wetter die größte Rolle gespielt. Thomas Hock führt das Bienensterben zudem auf den Einsatz von Pestiziden zurück. «Die Varroamilbe allein ist es definitiv nicht», ist er überzeugt. «Eher ist es ein Gesamtspiel aus Klimawandel und Pestiziden und dem permanenten Temperaturwechsel.»
Als «skandalös» bezeichnete er die Anforderungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. «Man kann sie für nur 120 Tage zulassen - aber sie schaden langfristig», sagt er. Das Problem sei der «Cocktail-Effekt» für die Bienenstöcke: «Es gibt so unglaublich viele Pestizide und andere Gifte in der Umwelt, die alle eingetragen werden.»
«Wenn wir Vergiftungen durch Pestizide haben, kommen sie zum großen Teil nicht aus der Landwirtschaft, sondern aus dem Privatbereich», sagt Susanne Meuser. Ihrer Ansicht nach ist das aktuelle Problem, dass so viele Völker gestorben seien, «imkergemacht». Für den Raps beispielsweise seien im letzten Jahr die Bodentemperaturen oft zu kalt gewesen, so dass er keinen Nektar abgegeben habe. Die Folge: «Es hat alles geblüht, aber viele Imker haben nicht gemerkt, dass die Bienen keinen Nektar bringen.» Ihnen sei nur aufgefallen, dass die Honigernte ausgefallen sei, sie hätten jedoch keine Konsequenzen daraus gezogen. «Da hätte man die Bienen dann großzügig füttern müssen», so Meuser.
Viele Imker würden dies jedoch nicht machen, weil sie dann je nach Zeitraum auf ihren Honig verzichten müssten. Denn das Füttern mit Zuckersirup oder angesetztem Zuckerwasser sei laut deutscher Honigverordnung erst erlaubt, wenn die Ernte abgeschlossen sei.
Hinzu kommt, dass auch noch im August, September und teilweise Oktober gebrütet werde. Die jungen Bienen gingen dann zwar mit in den Winter - seien aber gestorben, weil sie keinen ausreichenden Fettkörper mehr hatten und nicht mehr richtig versorgt wurden. «Auch die Ammenbienen, die die Winterbrut versorgen, waren schon minderwertig und konnten die Larven nicht ausreichend pflegen.»
Darüber hinaus habe es von Seiten einiger Imker vermutlich Fehler bei der Milbenbehandlung gegeben. «Dafür braucht es eine bestimmte Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Aber wenn man da nicht den richtigen Zeitpunkt erwischt, ist die Behandlung unwirksam.»
Imker Michael Wirth aus Waldmohr, der im vierten Jahr mit seinem Unternehmen «BeeGreat» Völker im Saarland und Rheinland-Pfalz an Unternehmen und Privatleute vermietet, kann nach eigenen Angaben über Meldungen von hohen Verlusten «nur staunen». Bei ihm starb keines der Völker - weder unter den 38 vermieteten, noch unter den 12 eigenen Völkern. Lediglich bei drei Völkern habe er die Königin verloren.
Wirth glaubt, dass sich Probleme beim Wetter mit Unwissen gepaart hätten. «Wenn ich sage, ich lebe von meinen Bienen, habe ich ein anderes Level an Sorgfalt», sagt er. So würden seine Bienen engmaschiger betreut und hätten auch mehr eigenen Honig zur Verfügung.
Thomas Hock hofft, dass viele Imker nun «die Scham verlieren» und zugeben, dass sie Verluste haben. «Es wird oft dargestellt, dass der Imker Schuld hat, aber das stimmt nicht unbedingt», sagt er. Wichtig sei, dass die Imker ehrlich seien und ihre Verluste melden, damit nachvollzogen werden könne, wie viele Völker tatsächlich gestorben seien.
Genaue Zahlen erwartet das Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen nun von einer bundesweiten Befragung der Imker. Christoph Otten geht davon aus, dass die Winterverluste «über dem langjährigen Mittel liegen und regional unterschiedlich ausfallen werden».
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