
Wie sich die Bundeswehr in Rheinland-Pfalz entwickelt
Viele militärische Einrichtungen in Rheinland-Pfalz sind zu Wohnungen oder Gewerbeflächen geworden. Jetzt geht es um Zeitenwende, Wehrdienst und höhere Verteidigungsausgaben. Mit welchen Folgen?
Mainz/Koblenz/Germersheim/Büchel (dpa/lrs) -
Artillerieschule, Militärflughafen, Bundeswehrzentralkrankenhaus, Beschaffungsamt und zahlreiche Kasernen: Die Bundeswehr ist in Rheinland-Pfalz stark präsent - nach eigener Darstellung mit rund 14.000 militärischen und 9.000 zivilen Posten. Wie geht es mit Blick auf Zeitenwende, höhere Verteidigungsausgaben und die Wehrpflicht weiter?
Werden künftig mehr Soldaten in Rheinland-Pfalz stationiert?
Das fast 78.000 Quadratmeter große Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne (GFZ) in Mainz ist ein aktuelles Beispiel für die seit Jahrzehnten andauernde Konversion im Land. Unter Konversion versteht man, dass militärisch genutzte Flächen nach ihrer Aufgabe durch die Bundeswehr in zivile Nutzungen – etwa für Wohnen, Gewerbe oder Erholung – überführt werden. Nach dem Umzug der Bundeswehr 2023 in die Kurmainz-Kaserne wurde kürzlich ein Kaufvertrag für die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers («Am Pariser Tor») auf dem alten Kasernengelände geschlossen.
Künftig würden keine Standorte mehr abgegeben oder geschlossen, sagte ein Sprecher des Landeskommandos. Der ein oder andere Tausch sei aber nicht ausgeschlossen. Ob die Truppe in Rheinland-Pfalz aufgestockt wird, sei noch offen. Dazu lägen aktuell noch keine Informationen oder Aufträge vor.
In der Artillerieschule in Idar-Oberstein werden auch ukrainische Soldaten geschult (Archivbild) | Boris Roessler/dpa
Wie ist die Bundeswehr denn aktuell aufgestellt?
Die Bundeswehr ist über das ganze Bundesland verteilt mit insgesamt rund 20 verschiedenen Standorten. Zu Einzelheiten sagt das Landeskommando aber nichts, «um einen potenziellen Angreifer die Aufklärung zu erschweren», wie ein Sprecher sagt.
Beispiel Pfalz: Was passiert in Germersheim?
Die Südpfalz-Kaserne in Germersheim wird seit Jahren modernisiert, zwei Unterkunftsgebäude sind fertig. Doch ein neues Sanitätshaus bleibt ungenutzt, offiziell wegen Baumängeln. Das könne nicht so bleiben, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kürzlich bei seinem Besuch beim Luftwaffenausbildungsbataillon.
«Wir wollen mehr Tempo bei der Infrastruktur.» Planungs- und Bauprozesse sollen einfacher werden, der Einsatz von Generalbauunternehmen könne künftig Standard werden. «Wir investieren in Germersheim rund 100 Millionen Euro», hatte Pistorius gesagt.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will mehr Tempo bei der Infrastruktur der Bundeswehr. (Archivfoto) | Bernd Weißbrod/dpa
Die Liste unerledigter Bauprojekte in der Südpfalz ist lang: Küchen, Zentralgebäude, Kasino, Waffenkammer, neue Versorgungsleitungen. Oberstleutnant Christian Zerau und seine Truppe hoffen, dass in sieben bis acht Jahren alles steht. Schließlich ist Modernisierung auch eine Frage bei der Nachwuchsgewinnung. Pistorius will den neuen Wehrdienst attraktiver machen. Dafür braucht es moderne Standorte. Germersheim kann ein Vorbild sein.
Dazu gehört die Ausbildung an neuen Waffensystemen. Seit Juli trainieren Rekruten hier mit und gegen Drohnen. Ein Ausbilder nennt zehn verfügbare Modelle. «Zu wenig», sagt der Minister. Ein Ausbilder stimmt zu: Das sei nötig, denn der Krieg in der Ukraine zeige, wie wichtig technischer Vorsprung sei. Experten zufolge könnte Germersheim ein Ort sein, an dem die Bundeswehr lernt, schneller zu werden – beim Bauen, beim Ausbilden, beim Umdenken.
Der Umbau des Militärflughafens Büchel für die von der Bundeswehr für die nukleare Abschreckung bestellten US-Tarnkappenjets wird rund 800 Millionen Euro teurer als geplant. (Symbolbild) | Harald Tittel/dpa
Beispiel Büchel: Was macht der Umbau?
Am Militärflughafen Büchel in der Eifel wird umgebaut. Der Grund: Dort sollen von der Bundeswehr bestellte US-Tarnkappenjets stationiert werden, die zur nuklearen Abschreckung dienen. Die Auslieferung der 35 Maschinen soll 2026 beginnen, teilte ein Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr mit. Die Ersten acht Jets sollen zur Ausbildung der Piloten in den USA stationiert werden, 2027 sollen die ersten nach Deutschland verlegt werden.
Der Umbau wird voraussichtlich rund zwei Milliarden Euro kosten – 800 Millionen Euro mehr als geplant. «Die zugrundeliegende Kalkulation umfasst alle heute absehbaren Aufwandspositionen und Kostenfaktoren einschließlich Risikozuschlägen, kann aber aufgrund der besonderen Herausforderungen des Vorhabens keinen abschließenden Festpreis darstellen», teilte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums mit. Weitere Preissteigerungen etwa wegen personeller Verstärkungen zur Einhaltung der «extrem ambitionierten zeitlichen Vorgaben» seien nicht auszuschließen. «Die Gesamtkosten werden nach Abschluss des Projekts 2027 ermittelt.»
Bestellt wurden die Jets vor allem für Deutschlands Beteiligung an der nuklearen Abschreckung. Die Kostenexplosion wird mit den hohen Sicherheitsauflagen in Verbindung mit dem hohen Zeitdruck begründet.
«Die Baumaßnahmen für die F-35A am Flugplatz Büchel liegen im ambitionierten Zeitplan», teilte der Sprecher des Bundesamtes mit. «Die Nato kann sich auf uns verlassen.»
Zur Modernisierung sollen hier rund 150 Millionen Euro investiert werden (Archivbild) | Boris Roessler/dpa
Wie geht die Modernisierung der Artillerieschule voran?
Die Artillerieschule in Idar-Oberstein ist die zentrale Ausbildungsstätte der Bundeswehr für die Artillerietruppen. Sie war 1956 gegründet worden: Jetzt stehen massive Modernisierungs- und Renovierungsarbeiten an. Rund 150 Millionen Euro sollten in den nächsten Jahren investiert werden, hatte Pistorius im September 2024 gesagt. «Die Infrastruktur ist eine riesige Herausforderung. Sie ist das Stiefkind der Bundeswehr in den letzten 30, 40 Jahren gewesen.»
Wärme- und Trinkwasserleitungen wurden erneuert, ein Blockheizkraftwerk gebaut. Geplant sind unter anderem der Bau neuer Hallen. Die Arbeiten sollen nach früheren Angaben bis 2040 dauern. Die Kaserne ist seit den 1960er Jahren nicht mehr saniert worden. In der Artillerieschule werden seit Mai 2022 auch ukrainische Soldaten für die Bedienung von Waffensystemen geschult.
Das größte Krankenhaus der Bundeswehr mit Sitz in Koblenz wird gerade grundlegend saniert. (Archivfoto) | Thomas Frey/dpa
Was wird aus dem Bundeswehrzentralkrankenhaus?
Das 1957 gegründete und größte spezialisierte Krankenhaus der Bundeswehr in Koblenz wird derzeit grundlegend saniert. In 24 Fachabteilungen und 10 Ambulanzen sind rund 1.500 Mitarbeitende beschäftigt, wie eine Sprecherin des Unterstützungskommandos der Bundeswehr sagt. Das Krankenhaus verfügt über 506 Betten.
Es werde kontinuierlich instand gehalten und renoviert. «Seit der Zielausbauplanung im Jahr 2014 wird der Modernisierungsprozess kontinuierlich beschritten», sagte die Sprecherin. Derzeit würden auch die alten Bestandsbauten durch moderne Funktionsgebäude ersetzt.
Derzeit werde am neuen Multifunktionsgebäude und Herzstück des Krankenhauses gebaut. Darin sollten Intensivstation, Operationsebene, Ambulanzen und Notaufnahme untergebracht werden. Die zu Beginn des Projekts erwarteten Gesamtkosten dieses Bauabschnittes beliefen sich auf 221 Millionen Euro für Infrastruktur und weitere 85 Millionen Euro für medizinisches Gerät.
Wie viele zivile Schutzplätze gibt es eigentlich?
In Rheinland-Pfalz gibt es aktuell fünf öffentliche Schutzräume mit insgesamt 1.066 Plätzen sowie fünf Mehrzweckanlagen, die sich in privatem oder kommunalem Eigentum befinden, wie es im Innenministerium heißt. «Der Bund prüft derzeit, ob und in welchem Umfang noch dem Zivilschutz gewidmete Schutzräume wieder funktionsfähig gemacht werden können.»
dpa
Bild: Ob künftig mehr Soldaten in Rheinland-Pfalz stationiert sein werden, ist noch unklar. (Symbolbild) | Bernd Weißbrod/dpa
Berichterstattung regional und aktuell aus Koblenz und der Region Mittelrhein.