Prozess um Folter und Mord in Syrien - warum in Koblenz?

 

Prozess um Folter und Mord in Syrien - warum in Koblenz?

Sie sollen auf friedliche Demonstranten geschossen, Zivilisten festgenommen und gefoltert haben. Fünf Männer sind wegen ihrer mutmaßlichen Taten in Syrien jetzt in Koblenz angeklagt.

Koblenz (dpa) -

Fünf in Deutschland angeklagte Männer sollen im syrischen Bürgerkrieg Zivilisten getötet, auf Demonstranten geschossen und Menschen gefoltert haben. Zum Prozessbeginn am Oberlandesgericht Koblenz trug die Bundesanwaltschaft die Anklage vor. Doch wieso werden die in Syrien mutmaßlich begangenen Taten von einem deutschen Gericht in Koblenz verhandelt?

Was wird den Männern vorgeworfen?

Den fünf Männern im Alter zwischen 42 und 56 Jahren werden unter anderem Mord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die staatenlosen syrischen Palästinenser sollen zwischen 2012 und 2014 Mitglieder von regierungstreuen Milizen der gestürzten Assad-Regierung beziehungsweise des syrischen militärischen Geheimdienstes gewesen sein. 

Die fünf Männer wurden im vergangenen Jahr am 3. Juli festgenommen und sind weiterhin in Untersuchungshaft. Vier der fünf Männer wurden in der syrischen Hauptstadt Damaskus geboren, einer im Libanon.

Den Männern wird unter anderem Mord vorgeworfen.

Den Männern wird unter anderem Mord vorgeworfen. | Thomas Frey/dpa

Wie war die Situation damals in Syrien?

Im syrischen Bürgerkrieg kämpfte die Assad-Regierung nicht nur mit Hilfe der regulären Armee, sondern wurde auch stark von regierungstreuen Milizen gestützt. Ihnen gegenüber stand eine zersplitterte Opposition, unter anderem bestehend aus Rebellen oder später auch islamistischen Gruppen, die sich auch untereinander bekämpften. 

Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben, rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Assad wurde vor knapp einem Jahr von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) gestürzt. HTS-Kopf Ahmed al-Scharaa führt das Land heute als Übergangspräsident an.

Es geht im Prozess um mutmaßliche Taten von 2012.

Es geht im Prozess um mutmaßliche Taten von 2012. | Thomas Frey/dpa

Was genau sollen die Angeklagten gemacht haben?

Sie sollen Menschen in ihrem Gewahrsam erhebliche körperliche oder seelische Schäden zugefügt und sie grausam und unmenschlich behandelt haben. Am 13. Juli 2012 seien bei der Niederschlagung einer Demonstration in Damaskus mindestens sechs Menschen getötet worden. Einige der Männer sollen laut Anklage bei einer Demonstration mit Kalaschnikows das Feuer auf wehrlose Demonstranten eröffnet haben, hieß es. 

«Nach unseren Erkenntnissen haben die fünf angeklagten staatenlosen Palästinenser gleich zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Auftrag des vormaligen Assad-Regimes Demonstrationen gewaltsam niedergeschlagen und darüber hinaus auch Zivilisten verhaftet und gefoltert», sagte Anklagevertreterin Gabriele Grätsch. 

Außerdem soll einer der Angeklagten Zivilisten an einem Kontrollpunkt festgenommen, gefesselt, geschlagen und entführt haben. Einer der Männer soll Zivilisten bei der Ausgabe von Hilfspaketen festgenommen, geschlagen und mit einem Van abtransportiert haben. Zwei Frauen soll er bei der Ausgabe geschlagen, beschimpft und sie davon abgehalten haben, sich Hilfsgüter zu nehmen. Damit habe er in Kauf genommen, dass sie verhungern.

Wieso wird das in Koblenz verhandelt?

Der Prozess wird in Koblenz verhandelt - unter anderem, weil die Täter in Deutschland sind.

Der Prozess wird in Koblenz verhandelt - unter anderem, weil die Täter in Deutschland sind. | Thomas Frey/dpa

«Der Umstand, dass sowohl die mutmaßlichen Täter als auch die Opfer sich bei uns aufhalten, bedingt, dass wir heute hier dieses Strafverfahren führen», sagte Grätsch.

Nach Angaben des Gerichtssprechers liegt dem das sogenannte Weltrechtsprinzip zugrunde. Es besagt, dass bestimmte besonders schwere Straftaten in Deutschland verhandelt werden dürfen, unabhängig davon, wo sie passiert sind. 

Haben sich die Angeklagten geäußert?

Nein, am ersten Verhandlungstag wollte sich keiner der Angeklagten äußern. Sie sagten zunächst auch nicht im Prozess aus. Ein Verteidiger beantragte allerdings erfolglos, die Anklage nicht zu verlesen.

Zum Prozessbeginn waren zahlreiche Zuschauer gekommen. Bislang sind noch Verhandlungstage bis Juni 2026 geplant.

dpa

Bild: In dem Prozess sind noch Termine bis Sommer 2026 geplant. | Thomas Frey/dpa

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Datum: 19.11.2025
Rubrik: Lokales
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