
Verband: Risiko für Gerichtsvollzieher wird immer größer
Es gibt Einzelheiten zum Fall des getöteten Gerichtsvollziehers im Saarland. Hätte die Gewalttat verhindert werden können? Warum diese Frage für den Landesverband müßig ist.
Saarbrücken/Bexbach (dpa) -
Der Landesverband der Gerichtsvollzieher im Saarland sieht nach dem tödlichen Angriff auf einen Kollegen keinen Anlass für eine Schutzwesten-Pflicht. «Zum einen ist das nicht alltagstauglich und unpraktikabel, zum anderen hätte es auch in diesem Fall den Kollegen nicht gerettet», sagte der Landesvorsitzende Gerd Luckas im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Zuvor war bei einer Pressekonferenz von Justizministerium, Staatsanwaltschaft und Landespolizei in Saarbrücken mitgeteilt worden, dass der mutmaßliche Täter (42) bei einer bevorstehenden Zwangsräumung mit einem Jagdmesser mehrfach auf den Kopf und den Oberkörper des 58-jährigen Gerichtsvollziehers eingestochen und ihn damit tödlich verletzt hatte. Gegen den Mann sei Haftbefehl unter anderem wegen des Verdachts des Totschlags ergangen, so der Leitende Oberstaatsanwalt Bernd Weidig. Das Amtsgericht Saarbrücken habe die Untersuchungshaft angeordnet.
«Wir haben es immer mit Menschen zu tun»
«Natürlich stellt sich nach solch einer Tat immer die Frage, ob man sie hätte vermeiden können. Aber das ist müßig», sagte Luckas. Zum einen müsse man dafür jedes einzelne Detail kennen, zum anderen gebe es keinen 100-prozentigen Schutz. «Wir haben es immer mit Menschen zu tun. Da kann einer freundlich sein und in die Wohnung lassen - und dann rastet er von einer zur anderen Sekunde plötzlich aus. Das kann auch passieren, wenn die Polizei dabei ist. Und er könnte trotzdem getötet werden.»
Auch Pfefferspray - das im Saarland noch nicht für den Einsatz erlaubt sei - hätte im aktuellen Fall die Tat wohl nicht verhindern können: «Man geht ja nicht mit dem Spray in der Hand voran in eine Wohnung, wenn man ganz normal hereingelassen wird.»
So wie der Ablauf der Tat bei der Pressekonferenz geschildert worden sei, habe es sich nach Einschätzung von Gerd Luckas um eine «ganz normale Räumung» gehandelt, wie sie zum Alltag von Gerichtsvollziehern gehöre. Je nach Wohnbezirk komme so etwas einmal am Tag oder auch nur einmal in der Woche oder einmal im Monat vor.
«Polizei kann auch als rotes Tuch angesehen werden»
Grundsätzlich nur unter Polizeischutz die Zwangsräumung einer Wohnung durchzuführen, halte er aus personellen Gründen weder für realistisch noch für sinnvoll. «Letztendlich bleibt es eine Einzelfallentscheidung, ob man Beamte dazu anfordert. Manchmal eskaliert es mit der Polizei auch, weil sie als rotes Tuch gesehen wird», so der Landesvorsitzende.
Und auf der anderen Seite müsse man auch betonen, dass viele Räumungen relativ einvernehmlich abliefen. «Man kann nicht sagen, dass diese Einsätze immer die gefährlichsten sind. Natürlich ist es ein Eingriff ins Persönlichkeitsrecht und birgt immer ein großes Konfliktpotenzial.» Aber ein Angriff könne auch bei einer ganz normalen Vollstreckung erfolgen: «Und dann ist der Kollege immer allein.»
«Ein gesellschaftliches Problem»
Im Landesverband des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes (DGVB) und auch im Kontakt mit dem Ministerium werde man den Fall weiter besprechen und analysieren, ob man Abläufe bei solchen Einsätzen künftig optimieren könne. «Aber es wäre ein Trugschluss, zu sagen, wenn wir das und das bekommen, passiert nichts mehr. Dieser Wahrheit müssen wir ins Auge schauen.»
Der Beruf eines Gerichtsvollziehers werde nach Einschätzung von Gerd Luckas auch in Zukunft Gefahren bergen. Und das mehr denn je. «Man kann nicht in die Menschen hineinschauen. Die Hemmschwelle sinkt und sie rasten aus. Es ist ein Gesellschaftsproblem, das sich in Einsätzen mit der Polizei und auch mit uns widerspiegelt.»
dpa
Bild: Meistens sind die Gerichtsvollzieher bei ihrem Einsatz alleine. Auch Polizeischutz könne keine 100-prozentige Sicherheit bieten, meint der Landesvorsitzende der Gerichtsvollzieher aus dem Saarland. (Symbolbild) | Markus Scholz/dpa
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